Vorbericht des Verlegers

zu der dritten Auflage

[13] Um diesem musterhaften Buche, welches bereits in tausend Händen ist, den möglichsten Grad von Vollkommenheit zu geben, schrieb ich nach Erscheinung der vortreflichen Rezension über Elisa (in der A. L. Zeitung 1797 S. 381) an die verehrungswürdige Verfasserinn, sandte ihr dieses Blatt und bat, wo möglich die Wünsche und Winke des Rezensenten zu erfüllen, und zu benutzen, da ich im Begriffe sey, eine N. Auflage zu machen; zugleich forderte ich sie abermals auf, mir zu erlauben, doch itzt ihrem Buche ihren Namen vordrucken zu dürfen, weil ein großer Theil ihrer Leser und Leserinnen wünschten, die Verfasserinn der Elisa wenigstens dem Namen nach zu kennen. Ueber alles dieses erhalte ich folgenden Brief, der als Neue Vorrede der Verfasserinn gelten mag.[13]

»Ich sage Ihnen meinen Dank für die Uebersendung des Blattes der allgemeinen Litteratur-Zeitung. Sie wünschen also eine dritte Auflage zu veranstalten? – Ich muß Ihnen aufrichtig gestehen, daß es nur wäre, um Ihrem Wunsche ein Gnüge zu leisten, wenn ich mich noch einmal einer Arbeit an Elisa unterzöge. Es ist ein Zug in meinem Charakter, daß ich mich ungern, und nicht mit glücklichem Erfolge, mit einem schon beendigten Werke noch einmal beschäftige, es fehlt mir hierzu an gehöriger Anstrengung, und es kostet mir viele Mühe, einen Faden wieder anzuknüpfen, den ich seit vielen Jahren fallen ließ.

Als ich Elisa schrieb, gehörte es in meinen Plan, sie sterben zu lassen. Ich wollte die Ruhe schildern, welche das tugendhafte Weib bis ins Grab begleitet. Ich legte ihr meine Ueberzeugungen in den Mund, wie ich es in dem ganzen Buche gethan hatte, ohne zu wähnen, daß man hieran den mindesten Anstoß nehmen könnte; denn die sterbende Elisa sagt ja nicht: Ich glaube an keine Unsterblichkeit der Seele, sie sagt nur: Die Zukunft sey wie sie wolle, ich sterbe ruhig, weil ich mit dem Bewußtseyn sterbe, meine Pflichten erfüllt zu haben. Ich finde dieses Gefühl in dem tugendhaften Sterbenden[14] so natürlich, daß ich Elisa nie anders sterben lassen könnte; und wohl dem Menschen, der mit diesem Gefühl in den Tod gehen kann! – – Doch sollte Elisa zum Drittenmale verändert erscheinen, so würde ich sie nun gar nicht mehr sterben lassen. Der Rezensent sagt zwar selbst, daß die Wendung verbraucht ist, ihr ihren ersten Geliebten zum zweyten Gatten zu geben; wünschen Sie aber noch eine dritte Auflage von Elisa zu machen, so will ich sehen, wie mir diese Wendung gelingen wird, ob ich mir gleich nicht viel davon verspreche, da ich wenig Neues hinzufügen könnte, indem meine Gedan ken über weibliche Pflichten in der Elisa, wie sie gegenwärtig ist, enthalten sind. Doch ich würde alsdann meinen Versuch Ihrer Prüfung überlassen, und es würde Ihnen immer frei stehen, ob Sie diesen Anhang der Elisa beyfügen wollen oder nicht. Ich bitte Sie, mir hierüber bald zu antworten, und mir Ihre Gedanken mitzutheilen. – Nur kann ich Ihnen nicht versprechen, das Geschäft bald zu beschleunigen, denn ich erwarte in einigen Monathen, Mutter zu werden, welches mir bey dieser Arbeit einige Hindernisse verursachen könnte. Was Ihr zweytes Verlangen betrifft, so kann ich Ihnen die Erfüllung desselben nicht gewähren.[15] Ich sage Ihnen meinen Dank für Ihre Verschwiegenheit, und bitte Sie, sie in Absicht meiner beyzubehalten. Ich bin so wenigen Menschen bekannt, daß durch Nennung meines Namens ich doch den meisten, welche mein Buch lesen, nicht bekannter werde, und in dem Zirkel, in welchem ich lebe, würde die Nennung meines Namens als eine Anmaßung gelten, die mir einen Theil der Achtung und des Zutrauens rauben könnte, deren ich itzt genieße« u.s.w.

Alle diese hier von der Verfasserinn selbst aufgestellten Gründe – die Nothwendigkeit der baldigen Erscheinung dieser dritten Auflage, da ich kein einziges Exemplar mehr hatte, und die Nachricht, daß in Mannheim ein elender Nachdruck existire, bestimmten mich, auf alle Umänderung Verzicht zu thun. Mit hin tritt Elisa blos verschönerter, und völlig von allen kleinen Fehlern frei, zum Drittenmale auf, und in dieser Gestalt ist sie auch zum Behuf für Lernende der französischen Sprache, in dieser Sprache übersetzt worden. – Heil und Segen der würdigen Verfasserinn; denn ihre Lehren und ihre aufgestellten Beyspiele der Tugend müssen hundertfältige Früchte bringen.[16]

Quelle:
Wilhelmine Karoline von Wobeser: Elisa oder das Weib wie es sein sollte. Leipzig 41799.
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