Cantata

[280] Aria.


Komm, süsser Tod, befreye meine Brust,

Mein Leiden ist dir wohl bewust /

Mit dir verkürtzt sich meine Pein.

Ich kan nicht eher ruhig seyn,

Biß daß die matten Augen brechen,

Dann werd ich erst von Ruhe sprechen.


Ja! ja! ich habe dich im rechten Ernst gerufft,

Des Grabes öd und düstre Grufft

Wird mir weit angenehmer heissen,

Als wenn die Welt mir ließ

Ihr allerschönstes Paradieß

Und gantzes Schatz-Hauß weissen.

Ich fürchte, grausamer, mich nicht vor dir,

Dein Antlitz kommt mir lieblich für,

Bloß weil du mein Erretter bist,

Den meine Seele schon voraus im Geiste küst.

Das Glücke hat sich wider mich verschworen,

Und mich nur bloß allein zum Ball und Spiel erkohren.[281]

Es eckelt mir recht vor der Welt,

Die doch so vielen wohlgefällt,

Denn jeder Ast und Zweig auf Erden

Will mir Armseeligen zu Stock und Ruthe werden.


Aria.


O wie sanffte werd ich schlafen,

Wenn mich Sand und Erde deckt,

Weil uns in dergleichen Hafen

Weder Sturm noch Grauß erschreckt.

Ja der Stein von meinen Grabe

Wird, wann ich, nach Noth und Pein /

Ein so sichres Schutz-Dach habe

Meines Jammers Gräntz-Stein seyn.[282]


Quelle:
Christiane Mariane von Ziegler: Versuch In Gebundener Schreib-Art, Leipzig 1728, S. 280-283.
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