Fer. 2. Pentec

[261] Choral.


Also hat Gott die Welt geliebt, daß er uns seinen Sohn gegeben, wer sich im Glauben ihm ergiebt, der soll dort ewig mit ihm leben, wer gläubt, daß Jesus ihm gebohren / der bleibet ewig unverlohren, und ist kein Leid das den betrübt, den GOTT und auch sein JESUS liebt.


Aria.


Getröstetes Hertze,

Frohlocke und schertze,

Dein JESUS ist da.

Weg Kummer und Plagen,

Ich will euch nur sagen:

Mein JESUS ist nah.


Ich bin mit Petro nicht vermessen.

Was mich getrost und freudig macht,

Ist, daß mein Heyland mich ohnmöglich kan vergessen,[262]

Er kam nicht nur die Welt zu richten,

Nein, nein, er wolte Sünd und Schuld,

Durch die besondre Lieb und Huld,

Als Mittler zwischen GOTT und Menschen, völlig schlichten.


Aria.


Du bist gebohren mir zu gute,

Ich glaub' es mir ist wohl zu Muthe,

Weil du vor mich genug gethan.

Das Rund der Erden mag gleich brechen,

Will mir der Satan widersprechen,

So bet ich dich, mein Heyland / an.


Dictum.


Wer an ihn gläubet, der wird nicht gerichtet / wer aber nicht gläubet, der ist schon gerichtet, denn er glaubet nicht an den Nahmen des eingebohrnen Sohnes Gottes.


[263] Aria.


1.

Weg mit der Welt und allen ihren Wesen,

Mein Geist hat sich was höhers auserlesen;

In Salems Himmels-Zelt,

Das mir weit mehr gefällt,

Will meine Seele wohnen,

Allwo die gantze Schaar der Seraphinen thronen.


2.

Ihr Wolcken, last zu euch mein Seufftzen dringen,

Erhört, ach hört mein mehr als ängstlich Singen.

Der Kummer frißt mein Hertz,

Der Sünden harter Schmertz

Macht meiner Seele bange,

O Herr, erlöse mich, mein Heyland / wie so lange!


3.

Mich dünckt du ruffst: verzage nicht, o Sünder!

Ich bin von Tod und Teufel Uberwinder,[264]

Mein Rosenfarbnes Blut

Stärckt deinen zagen Muth

Erhohlt euch, trüben Sinnen,

Ihr könt durch Harm und Gram den Himmel nicht gewinnen.


4.

So will ich denn mit deinen Blut bezahlen,

Und mir die Lust schon hier vor Augen mahlen,

Die man in Zions-Stadt

Gewiß zu hoffen hat.

Verbleibet mir der Himmel,

Was frag ich nach der Welt verdrüßlichen Getümmel?


5.

Auf! weltze dich mit Macht aus dieser Höhle,

Steh auf der Hut indes erquickte Seele,

Weil den Erlösungs-Tag

Dir niemand sagen mag

Drum laß das Oel nicht fehlen,

Der Bräutgam kan mit dir sich heute noch vermählen.

Quelle:
Christiane Mariane von Ziegler: Versuch In Gebundener Schreib-Art, Leipzig 1728, S. 261-265.
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Versuch in Gebundener Schreib-Art (Paperback)(German) - Common

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