Schertz-Gedichte /

Auf das Absterben des von N-- liebgewesnen Hündgens

[323] Ich übersende hier ein Blat voll bittrer Klagen,

Da dich der Todes-Fall von Buffeln so betrübt.

Du wirst verhoffentlich nicht nach dem Ursprung fragen,

Man weiß, wie sehr du ihn, Hochwerther Freund, geliebt.

Dein Kummer ist gerecht, ja säh ich dich gleich weinen,

So gäb ich dich darum gar nicht vor weibisch aus,

Denn jeder würde doch von deinen Thränen meynen,

Die deutsche Redlichkeit preßt sie zum Augen raus.

Kan dich ein blosses Vieh zu solcher Wehmuth bringen,

So schließ ich, daß ein Freund noch mehrers hoffen kan.[324]

Was Wunder, wann sich recht die Menschen um dich dringen,

Denn solche Redlichkeit trifft man gar selten an.

Viel schmeicheln mit dem Mund, und lachen unsrer Schmertzen,

Und dieses heist wohl noch polit und ertz-galant;

Sie geben uns das Wort: Sie meynten es von Hertzen;

Da doch die Heucheley mehr als zu wohl bekant.

Jedoch was untersteht sich meine schlechte Feder

Dir hier bey meinen Schertz ein Lob-Lied mit zu streun.

Mein Kiel ist, wie du weist, von schlechten Gänse-Leder,

Drum kan er leider! nicht den Schwahnen ähnlich seyn.

Du weist schon, daß ich nicht mit auf dem Hügel sitze,

Die Musen mustern mich, dieweil es billig, aus,

Und wenn ich gleich vor Angst bey Reim und Sylben schwitze,

So kömmt zuletzt doch nur ein schönes Nichts heraus.

Ich kan die Leyer nicht, wie sich gehöret, stimmen,

Der Musen-Gott hat sich mit mir noch nicht vermählt,

Und wenn ich noch so schnell will neben andern schwimmen,

So seh ich, daß es mir an Floß und Federn fehlt.[325]

Doch hoff ich in der That Vergebung zu erlangen,

Weil meine Feder dich zu trösten, sich bemüht.

Mein Beyleid trocknet dir die Zähren von den Wangen,

So schlecht bey solchen Dienst auch meine Muse sieht.

Was aber soll ich wohl zu deinem Troste schreiben?

Denn der Verlust, der dich betrifft, ist ungemein,

Und deinem Buffel muß der Nachruhm sicher bleiben

Daß seines gleichen nicht leicht wird zu finden seyn.

Man sahe Kunst und Witz ihm stets zur Seiten stehen,

Er nieste, wann sein Herr es ihm befehlen ließ,

Und sprach man: Lincks und rechts, so wust er sich zu drehen,

Als wann er in der That der gröste Springer hieß.

O! daß kein hoher Geist ein Lob-Lied ihm geschrieben,

Der seiner Tugend Lauff uns besser schildern kan.

Ein solch Geschöpffe muß man gantz besonders lieben.

Man traff bey Buffels Thun mehr, als was hündsches, an.

Drum müssen wir mit Recht auf sein Begräbniß dencken,

O! setz ihm nach Verdienst ein Epitaphium,[326]

Ich will die Schrifft darauf von Hertzen gerne schencken,

Was gäb ich nicht, mein Freund, um dich zu trösten, drum?


Mein Wandrer!

frage nicht,

Du kanst hier klärlich lesen,

daß Buffel

sicherlich

Ein Wunderwerck gewesen.

Man fand Geschicklichkeit

in grösten Uberfluß.

O! Jammer!

Ach!

Und Weh!

Daß er verwesen muß.

Quelle:
Christiane Mariane von Ziegler: Versuch In Gebundener Schreib-Art, Leipzig 1728, S. 323-327.
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