Schertz-Gedichte

Auf den Geburths-Tag eines guten Freundes

[341] Belache nicht, mein Freund, mein matt und heischer Singen,

Apollo, schwör ich dir, hat meiner Leyer satt;

Drum kan ich keinen Vers geschickt zu Marckte bringen.

Ich bin, du glaubst es nicht, zu dichten laß und matt.

Dem allen ungeacht muß meine Muse singen,

Gesetzt, es kostet ihr die allerletzte Krafft,

So wird sie doch vor dich noch was zu Marckte bringen.

Der Tag, der deinen Hauß und uns Vergnügen schafft,

Weckt meine Geister auf, die Muse muß nicht sterben,

Sie baut auf deine Kunst, die alle Welt verehrt,

Du andrer Podalir läst sie noch nicht verderben,

Weil dir dergleichen Cur vor anderen gehört.

Drum will ich selbige dir gäntzlich übergeben,

Verschreibe was du wilst, es ist ihr einerley.[342]

Gib durch dein Recipe ihr wieder frisches Leben,

Und bring ihr Stärck und Krafft durch Quint-Essenzen bey.

Statt Sostri will ich dich mit einen Wunsch beschencken,

O könt ich in voraus schon die Erfüllung sehn!

Jedoch der Himmel wird schon alles glücklich lencken,

Ich wette, daß es wird noch dieses Jahr geschehn:

Ein Vetter Michelgen soll in der Wiegen lachen,

Damit die Bade-Cur recht ihre Würckung zeigt.

Von fünff und zwanzigsten will ich die Rechnung machen,

Wann der Calender nicht in seiner Zeichnung treugt.

Ich wünsche, liebster Freund, und diß von gantzen Hertzen,

Daß man das heutge Fest noch öffters feyern mag,

Und zwar sans Podagra, sans Reissen, sonder Schmertzen,

Auch niemahls so beschmutzt als er in Windeln lag.

Quelle:
Christiane Mariane von Ziegler: Versuch In Gebundener Schreib-Art, Leipzig 1728, S. 341-343.
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