An Seine Hoch-Reichs-Gräfliche Excellenz Tit. Herrn

Hn. Joachim Friedrich von Flemming

[3] Uber Dero den 26. Augusti Anno 1726. höchstglücklich erlebtes Hohes Geburths-Fest.


Der Tag, Erlauchter Graf, ist prächtig zu benennen,

An dem Du ehemahls das Licht der Welt erblickt,[3]

Man sieht am Horizont viel tausend Sternen brennen,

Doch Dein Geburths-Gestirn macht unsre Stadt entzückt.

Die Musen machen sich bereit zum sing- und dichten,

Dieweil man wohl mit Recht Dich ihren Schutz-Gott heißt,

Es kan ihr embßger Kiel nichts herrlichers verrichten,

Als daß er heute Dir gebückt sein Opfer weißt.

Nicht wundre Dich, O Held, wann Dir der Castalinnen

Erlesne Schaar den Saum von Deinen Purpur küst,

Denn ob sie gleich darbey mit Ehrfurcht sich besinnen,

Daß Du ein Krieges-Gott nach Famens Ausspruch bist,

So kan Dein Anblick doch sie nicht so leicht erschrecken,

Die Pallas, welche sie beschützt und auch regiert,

Pflegt sich mit einen Helm und Pantzer zu bedecken,

So offt sie diese Schaar auf Phöbens Häyne führt.[4]

Man sieht auf dem Casquet von Dir die Feder blitzen,

Doch führst Du selbge mit zugleich auch in der Hand,

Dein Arm weiß Krieges-Volck und Musen zu beschützen,

Denn beydes ist der Welt mehr als zu wohl bekannt;

Diß aber möchte Dich vielleicht in Wunder setzen,

Daß meine schwache Hand den Ohnmachts-vollen Kiel,

Am Tag, den Sachsen-Land vor küssens-werth muß schätzen,

Dir aus besondern Trieb zur Seiten legen will.

Was dünckt Dich, Grosser Graf? mein matt und weiblich Singen,

Wagt sich, es ist zu frey, an Deine Tafel hin,

Allwo Dir Männer nur gebeugt ihr Opfer bringen,

Zu deren Orden ich nicht mit zu zehlen bin.

Doch mein Beginnen ist nicht strafbar zu benennen,

Schau nur, Erhabner Graf, die Pierinnen an,

Und sag, ob wir uns nicht darzu mit stellen können?

Sie seynd mit gleicher Tracht, wie wir, auch angethan.

Kan meine Muse gleich Dir keinen Weyrauch zeigen,

Den man bey jauchzenden und jubel-vollen Schreyn,[5]

Sieht biß an Baldachin erhabner Seelen steigen,

So laß den Willen doch der That hier ähnlich seyn.

Es mögen andre Dir, die nettre Flöten führen,

Mit einen Helden-Lied erfreut entgegen gehn,

Ich scheue mich vor Dir mein Saitenspiel zu rühren,

Drum soll ein schlechter Wunsch hier statt des Opfers stehn:

Der Himmel müsse Dich auf Adlers Flügeln tragen,

Damit Dein edler Fuß nichts zu befürchten hat,

Er überstreue Dir bey froh- und heitern Tagen,

Mit Rosen und Jesmin stets Deine Lagerstatt.

Das Glücke lasse Dir noch so viel Jahre blühen,

Als Männer an der Zahl vor Deinem Hause stehn,

Die täglich auf die Wacht nach Deinen Winck aufziehen,

So wird es Dir so wohl, als dort dem Nestor, gehn.

Indessen will ich mich in Deine Huld empfehlen,

Verbleib, Großmüthger Graf, mein Groß und Edler Freund,

O! laß mir Deine Gunst von keinem Neider stehlen,

Weil derer allzuviel, die mir zuwider seynd.[6]

Ich kenne Dich zu wohl, Du bist ein Feind von Heucheln,

Und so getröst ich mich ein selbst erwünscht Geschick.

Solt ich mir allzu viel, Hochtheurer Grafe, schmeicheln,

So gönne diesem Blatt nur einem holden Blick.

Quelle:
Christiane Mariane von Ziegler: Versuch In Gebundener Schreib-Art, Leipzig 1728, S. 3-7.
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