Cantata

[114] Aria.


Sagt, ihr irrenden Gedancken!

Scheint vor mich kein Sonnen-Licht?

Ach mein Schiff fängt an zu wancken,

Weil der Sturm die Seegel bricht.

Meine Hofnung geht verlohren,

Chloris hat sich längst verschworen,

Sie verschliest vor mir ihr Hertz,

Und verlacht nur meinen Schmertz.


So muß mein Sinn auf wilden Fluthen schweben,

Ich wünsche mir den Tod und mag nicht länger leben.

Grausame, doch vollkommne Schöne,

Dient dir mein Hertze gleich zum Spott und zum Gehöhne,

So will ich doch dein Bild nicht aus denselben reissen,

Auch mitten in der Noth,

Wormit das Liebes-Meer mir Unglückseelgen droht,

Soll die Beständigkeit doch mein Polar-Stern heissen.


[115] Aria.


Ich werde dich doch stets verehren,

Will gleich dein taubes Ohr nicht hören,

Stell ich doch nicht mein Flehen ein.

Meine Seuffzer, meine Klagen

Stummen Lüfften vorzutragen,

Werd ich unermüdet seyn.


Wie? hörest du noch nicht

Was dein verschmähter Damon spricht?

Kan die Beständigkeit dich nicht, Verstockte, rühren?

Wie lange wilst du noch tyrannisiren?

Hör auf, die Grausamkeit verstellt dein schönes Wesen,

Das Himmel und Natur uns gibt an dir zu lesen.


Aria.


O! rüste doch dein zornges Auge,

Einmahl mit Liebes-Flammen aus.

Nimm alles was ich opffern kan:

Mein Blut, mein Hertz, mein gantzes Leben

Will ich dir willig übergeben

Blickst du mich nur mitleidend an.

Da Capo.

Quelle:
Christiane Mariane von Ziegler: Versuch In Gebundener Schreib-Art, Leipzig 1728, S. 114-116.
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