Cantata

[150] Aria.


Meine Doris zu erlangen,

Wag ich alles auf der Welt,

Weil die Anmuth ihrer Wangen

Hertz und Geist gefangen hält.

Ruh und Freyheit ist verlohren,

Wunderschön ist der Verlust;

Drum hab ich mich ihr verschworen,

Sie beherrschet meine Brust.


Ich küsse dich, doch nur in den Gedancken,

Mein Schiff der Liebe will zwar wancken,

Allein es kan vielleicht den Port,

Geliebte Doris, bald erreichen,

Den längst gewünschten Ort,

Allwo das widrige Geschicke,

Nach einen aufgeklärten Blicke,

Vor uns muß doch zuletzt die stoltzen Seegel streichen.


[151] Aria.


Stellet ihr mißgönstgen Sterne!

Euren Groll und Feindschafft ein,

Helfft uns beyden doch zusammen,

Weil die starcken Liebes-Flammen

Nimmermehr zu löschen seyn.

Da Capo.


Jedoch mir ist,

Als säh ich das, was ich bisher vermißt,

Bereits vor meinen Augen stehen.

Ihr Sternen, last mich ihr entgegen gehen,

Die Hofnung hat nunmehr gesiegt,

Ich finde das, was mich vergnügt.


Aria.


Liebster Engel, bist du da,

Sage doch ein gütig Ja.

Sprich ein Wort, das mich entzücket,

Da das Glück es so geschicket,

Daß ich dich, erwünschter Tag!

Wiederum umarmen mag.

O! so soll das Rund der Erden

Mir zum Paradiese werden.

Quelle:
Christiane Mariane von Ziegler: Versuch In Gebundener Schreib-Art, Leipzig 1728, S. 150-152.
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