Cantata

[186] Aria.


Ich lieb, und sage Nein,

Wie kan das möglich seyn?

O ja! wer wolte sich nicht heut zu Tag verstellen /

Die Welt mag, wie sie will, ihr Urtheil drüber fällen.

Ich lieb, und sage Nein,

Wie kan das möglich seyn?


Zerbrecht, Neugierigen, euch nicht den Kopf entzwey,

Wer mein Geliebter sey.

Ich weiß, daß Amor, den ihr fragt,

Euch mein Geheimniß schwerlich sagt,

Der lose Schlack sucht euch zu äffen,

Ihr werdet leichte nicht das rechte Fleckgen treffen.

Schreyt, wen ihr wolt, gleich vor mein Schooß-Kind aus,

Ich mache mir gar nichts daraus.


[187] Aria.


Amor läst sich nicht so leicht

In sein Cabinettgen sehen:

Auch das hellste Perspectiv

Wird das Auge hier betrügen.

Was in unsern Hertzen tieff

Und verborgen pflegt zu liegen,

Muß man vor neubegiergen Seelen.

Und Spöttern unsrer Welt verhehlen.

Da Capo.


Drum quälet euch nur weiter nicht,

Ihr werdet doch darbey nicht euren Zweck erlangen,

Begnüget euch an dem Bericht,

Ich sag es selbst, ich bin gefangen;

Doch mein geliebter Gegenstand

Wird euch so leichte nicht bekant.


Aria.


Zweyer Wangen

Holdes Prangen

Bleibt dem Hertzen eingeprägt.[188]

Doch muß kein einiges Gebein von Menschen wissen,

Was mir die Freyheit hat durch Blick und Glut entrissen

Und wer die Fesseln angelegt.

Quelle:
Christiane Mariane von Ziegler: Versuch In Gebundener Schreib-Art, Leipzig 1728, S. 186-189.
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