1915.

[1834] 1.

Jesus Christus blik dich an, volk bey Jesu fahne, hatt'ers nicht an dir gethan, wärst du ab vom plane.

2.

Er hat wol an uns gedacht, daß er euch erhalten, bis du sahst in seiner sach freye gnade walten.

3.

Kirchlein, du wardst aufgespart zu den kirchen-zeiten, da sich nun die wundenfahrt anfängt auszubreiten.

4.

Wunder ohne ziel und zahl, gnade ohne schranken, so daß man der gnaden-wahl nicht genug kan danken.

5.

Wer hätts in der welt geglaubt, daß in diesen landen iemals solte seyn erlaubt, was nun schon vorhanden.

6.

Nahe war es an der zeit, da man in den klüften einsam seine seligkeit hätte mögen stiften;

7.

Und auf einmal bricht der Herr aus in eine weite und führt seine wanderer in die läng und breite.

8.

Er besetzt sich dieses feld; fast auf iedem flekke hat er eine wacht bestellt, eine gnaden-ekke.

9.

Dank mit uns dem treuen haupt, das sich mehr bewiesen, als sein volk ihm je geglaubt, itzo wie vor diesem.

10.

Billig schämt sich einer noch, wenn man dran gedenket, wie ihn oft das kerker-joch innerlich gekränket;

11.

Daß wir dich auf diesem platz nicht erglaubet haben: denn es wirkt' dein schutz und schatz durch ganz fremde knaben.

12.

Lebe nun, du Creuz-Gemein! leb auf deinem posten! schreib die gnad in tafeln ein, welche niemals rosten.

13.

Laß in deiner eignen seel und den andern herzen diese blutge seiten-höhl brennen gleich den kerzen.

14.

Predige, dieweil du kanst, deinen treuen hirten, bey dem du so viel gewannst; hilf die schaar bewirthen,

15.

Die kein bruder in der welt selig machen kunte, zu der zeit, da auch ein held schwach zu seyn begunte.

16.

Deine gegend müsse nun ihre blutge strahlen, und wie sie dem herzen thun, allerwegen mahlen.

17.

Von dem mit dem löse-geld baar bezahlten heile[1834] zeugt der ganzen nachbarnwelt deine feuer-säule.

18.

Jesus hat zur seligkeit dich selbst auserwehlet, und zum zeichen dieser zeit seliglich gezehlet.

19.

Zu dem wunderbaren volk, das so blutig blühet, und sich mit der zeugen-wolk durch die welten ziehet.

20.

Sey aufs innigste vergnügt in den selgen banden, wo für itzt viel gnade liegt, wenig schmach vorhanden;

21.

Und das bißgen druk und tort uns nicht drükket sehre, gleich als ob der höllen pfort an der kette wäre.

22.

Was sich Jesu creuzes-lehr immer wiedersetzet, das wird itzo nicht so sehr furchtbar mehr geschätzet.

23.

Satan hat wol grossen zorn, aber wenig kräfte, Jesu creuz ist ihm ein dorn und das blut-geschäffte;

24.

Ein dorn, den er sich nicht kan aus dem fusse ziehen, und mit seiner caravan muß dis zeichen fliehen.

25.

Kirche, lebe im gefühl aller blutgen maden, bis du endlich kömst ans ziel der zukünftgen gnaden;

26.

Bis du dahin mit der zeit kömst nach streiter-treue, wo das abendmahl bereit, das versprochne neue.

Quelle:
Nikolaus Ludwig von Zinzendorf: Ergänzungsbände zu den Hauptschriften, Band 2, Hildesheim 1964, S. 1834-1835.
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