3. Zugabe

Ich habe beym Beschluß der Büdingischen Sammlungen nichts sehnlicher gewünschet, als daß unsere Lieder möchten in Ruhe bleiben, welche in der That ausser unsern Gemeinen gar nicht zu brauchen sind, und davon nie mehr Exemplaria gedrukt werden, als unter uns zulangen.1 Und da ich zum erstenmal gehört, daß über unsern XIIten Anhang critisiret würde, so bin ich herzlich erschrokken; denn ich habe gedacht, es werden etliche lustige Kinder-Versgen übel genommen werden, die in der That hätten können heraus bleiben, und die auch nicht hinein gekommen wären, wenn nicht schon die aparten Zettelgen, darauf sie für die Kinder gedrukt waren, unvermuthet unter die Leute gekommen wären. Nachdem ich aber gesehen habe, daß die ungedungene Censores, einer von ihnen schon verworfenen Gemeine, nicht eigentlich dergleichen Sachen ausgesucht haben, sondern lauter ernsthafte Haupt-Sachen stantis & cadentis Ecclesiæ: so werde ich darum, daß sie nichts davon halten, nicht aufhören, meinem Geschwister das unschuldige und unbeflekte Gottes-Lamm mit Seel und Geist, mit Haut und Haar vorzusingen; ja, ich bin nach reiflicher Uberlegung noch dürstiger geworden, diese selbst-redende allein zulängliche Wahrheit immer mehr und mehr, und um so viel mehr in ihr ganzes Licht zu setzen: weil der einzige Schade, den dergleichen Menschen verursachen könnten, der wäre, daß man den Periodum nicht vollends ganz hinaus sagte, und dem untreuen Zuhörer oder Leser noch einen Schlupfwinkel übrig liesse seine ἀυτοκατακρισίαν zu dissimuliren.[2165]

Geht also nur auch hin, ihr Lieder der IIIten Zugabe, unter Geleitung des heiligen Geistes, besprengt mit Jesu Blut. Bleibt entweder in eurem Cirkel, verborgen vor der Geissel der Zungen; oder müst ihr und sollt ihr von Leuten gelesen seyn, die ihr und die euch nichts angehen, so werdet allen muthwilligen Ehebrechern an dem verwundeten Seelen-Manne, der gewöhnliche Geruch zum Tode, allen armen Sündern zum Trost von fernen oder nahen, den Gliedern der Gemeinen aber, für die ihr seyd, und die euch verstehen, zu einer lebendigen Moral, die die Unerfahrne Vollkommenheit nennen, wir aber Seeligkeit.


Am 11. Julii 1747.


Fußnoten

1 Sie werden aber, nachdem sie seit zwölf-jähriger Stille wieder attaquirt werden, von gewissen auswärtigen Freunden nachgedrukt. s. Berlinische Nachrichten von Staats- und Gel. Sachen, An. 1747. Num. 81.


Quelle:
Nikolaus Ludwig von Zinzendorf: Ergänzungsbände zu den Hauptschriften, Band 2, Hildesheim 1964.
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