Dauerversuche [2]

[155] Dauerversuche. Die neueren Dauerversuche unterscheiden sich nach der Art der Materialbeanspruchung in:

I. Versuche mit zyklischem Spannungswechsel, bei denen der Wechsel zwischen der oberen und unteren Spannungsgrenze sich wie bei den älteren Versuchen von Wöhler und Bauschinger (s. Bd. 2, S. 671) in ununterbrochenem Kreislauf, ohne plötzliche Aenderung, vollzieht.

II. Versuche, bei denen die Materialbeanspruchungen durch floß weise wirkende Kräfte erzeugt und die Schlagarbeiten bestimmt werden.

III. Versuche ohne Kraftmessungen.

I. Maschinen mit zyklischem Spannungswechsel.

Die minutliche Geschwindigkeit im Spannungswechsel beträgt 2000 und mehr. Zur Krafterzeugung dienen hierbei a) die Beschleunigungs- und Verzögerungskräfte hin und her gehender Massen oder b) Fliehkräfte, c) Elektromagnete (Kapp, Hopkinson, Haigh) oder d) Gewichtsbelastung (Eden-Rose-Cuningham, Stanton-Bairstow, Roos af Hjelmsäter) und Blattsendern (Sankey).

a) Mit Beschleunigungs- und Verzögerungkräften arbeiten die Maschinen von Reynolds [1], [2] (Fig. 1), Stanton [2], [3], [21] (Fig. 2) und Smith [1], [4]. Die hin und her gehenden Massen m sind mit dem einen Ende des Probestabes S verbunden, an dessen anderes Ende die Schubstange eines Kurbelantriebes angreift. Bei der Reynolds-Maschine dient die wagerecht bewegte Masse m1 zur Erzielung gleichbleibender lebendiger Kraft. Durch Gegengewichte ist für vollkommenen Massenausgleich der unbelasteten Maschine und durch geeignete Ausbildung der Führungen für Beseitigung von Drehschwingungen gesorgt. Die liegend angeordnete Stanton-Maschine prüft gleichzeitig vier Stäbe. Sie ist auf einer pendelnd aufgehängten Platte aufgebaut, so daß mangelhafter Massenausgleich an Pendelbewegungen sofort zutage tritt. Vorteil der wagerechten Anordnung ist der Ausschluß von Drehschwingungen, ein Nachteil der senkrechten Anordnung gegenüber der größere Einfluß der Reibungswiderstände auf die Stabbeanspruchungen. Sobald einer der vier Stäbe gebrochen ist, wird die weitere Kraftübertragung durch eine selbsttätig in Wirkung tretende Fangvorrichtung übernommen.

Die Maschine von Smith ähnelt der Stanton-Maschine, ist aber stehend angeordnet und prüft gleichzeitig sechs Proben, hiervon vier auf Zug und zwei auf Abscheren.

b) Mit Fliehkräften arbeitet die wagrechte Maschine von Smith (Fig. 3) [1], [4]. Die Fliehkräfte werden durch Drehen der Scheiben S mit den einseitig angebrachten Massen E erzeugt und dadurch auf den Probestab a übertragen, daß die hohle Achse der Scheiben S in dem mit letzterem verbundenen Gleitstück P gelagert ist. Die Führungsstücke B begrenzen das seitliche[155] Spiel und bewirken, daß die. Fliehkräfte nur in wagerechter Richtung zur Geltung kommen. Ihren Antrieb erhalten die Scheiben S von der durch die hohle Achse hindurchgehenden Welle aus durch den Mitnehmer m. Die Sender H dient dazu, dem Probestab eine Vorspannung zu geben, die dann durch die Fliehkräfte abwechselnd vermehrt und vermindert wird.

c) Elektromagnete zur Krafterzeugung verwenden Kapp [5], [6] Hopkinson [7], [8], [9], [11] und Haigh [10]. Die Zugprobe ist an dem einen Ende festgelegt und trägt an dem anderen Ende den Anker, während der Elektromagnet am Maschinengestell festgelegt ist. Bei der Maschine von Kapp hängt der Anker an der Zugprobe. Die Maschine ist auch für Biegeversuche eingerichtet. Hierbei ruht die Probe mit beiden Enden auf Schneiden am Maschinengestell und der Anker hängt mit einer dritten Schneide in der Mitte an der Probe. – Bei der Maschine von Hopkinson ist der Anker auf der oberen Fläche eines 90 kg schweren Eisengewichtes angebracht, das von dem senkrecht stehenden Stabe getragen wird. Er schwingt bei Betätigung des darüber angeordneten Elektromagneten auf und ab, so daß der Probestab wechselweise auf Zug und Druck beansprucht wird. Die Maschine von Haigh ist für Zugversuche mit Drähten bestimmt, der Anker hängt an der Probe. Die Anziehungskraft des Elektromagneten, mit der die Probe bei diesen Maschinen beansprucht ist, wird aus der Stromdichte in der Polfläche und der Frequenz des Wechselstromes berechnet. Die Genauigkeit der Berechnung ist abhängig von dem Stromverlust und dieser wieder von der Breite des Luftspaltes zwischen den Polen des Elektromagneten und dem Anker. Haigh hat bei seiner Maschine besondere Anordnungen getroffen, alle diese Verhältnisse möglichst gleichbleibend zu gestalten. Kapp und Hopkinson geben ihren Maschinen Federwagen zum Messen der Anziehungskraft bei. Hopkinson bestimmt außerdem die Dehnung des Probestabes und berechnet hieraus die Beanspruchung (s.a. unter Dehnungsmesser).

d) Mit Krafterzeugung durch Gewichtsbelastung arbeiten die Maschinen von Eden [11], [12], Roß af Hjelmsäter [20], Sankey [19] und Stanton-Bairstow [13], [14], [21]. Die beiden erstgenannten Maschinen beanspruchen den um seine Achse sich drehenden Stab auf Biegung. Bei der Maschine von Eden ruht der Stab an den Enden in schwingenden Lagern (Stützweite = 250 mm) und ist dazwischen an zwei aufgesetzten Lagern im gegenseitigen Abstand von 50 mm mit zwei Einzelkräften beansprucht, die durch an den beiden Lagern hängende Gewichte erzeugt werden. Bei der Maschine von Roß af Hjelmsäter sind die Biegeproben ähnlich wie bei der Maschine von Wöhler (s. Bd. 2, S. 671, Fig. 1) mit dem einen Ende in eine wagrecht gelagerte Welle fest eingespannt und an dem andern Ende an einem aufgesetzten Lager mittels eines Hebels durch Gewichte belastet. In der Maschine von Sankey (Fig. 4) wird der Probestab P in der wagrechten Ebene hin und her gebogen. Das biegende Moment wird mit der Blattsender A gemessen und als Funktion der Zahl der Biegungen zur Schaulinie selbsttätig aufgezeichnet. Hierzu wird die Drehung des Bolzens B, die der Biegung der Sender A, also dem Biegungsmoment, entspricht, durch einen Schnürzug in vergrößertem Maßstabe in wagrechte Bewegung eines Schreibstiftes übertragen und von diesem auf den Papierbelag einer Trommel verzeichnet, die sich bei jeder Biegung um einen bestimmten Winkel dreht. – Die Maschine von Stanton und Bairstow dient der besonderen Aufgabe, an Material aus Eisenbahnschienen das Verhalten gegenüber dem Kaltwalzen durch die Räder und gegenüber wechselnder Biegungsbeanspruchung gleichzeitig zu untersuchen. Hierzu dienen ringförmige Proben (Fig. 5), die zwischen drei gehärtete Stahlrollen gebracht werden, von denen die beiden unteren mit ihren Achsen in feststehenden Lagern ruhen, während die obere durch Gewichtsbelastung angepreßt wird und der Formänderung der Probe entsprechend absinken kann. Der Antrieb erfolgt durch die obere Rolle. Den Spannungsverlauf an der Ringoberfläche stellen die schraffierten Flächen (Fig. 6) dar. Im Bereich dieser Flächen innerhalb der Kreislinie herrschen Druckspannungen und im Bereich der Flächen außerhalb der Kreislinie Zugspannungen; ihre berechnete Größe ist gegeben durch die jeweilige radial gemessene Breite der Fläche.

II. Maschinen mit stoßweiser Kraftäußerung.

Die Maschine von Stanton und Bairstow [15] bewirkt abwechselnd direkte Zug- und Druckbeanspruchungen. Der Probestab, ein Rundstab von 6,4 mm Durchmesser, ist mit[156] seinen verstärkten Enden an den beiden konzentrischen stählernen Ringstücken S0 und S1 (Fig. 7 und 8) festgelegt. Der Schlag wird stets durch den Stempel 7 auf den inneren dieser Ringe ausgeübt, während der äußere S0 auf dem feststehenden Stahlring R ruht. Die Aenderung von Zugbeanspruchung (Fig. 7) in Druckbeanspruchung (Fig. 8) und umgekehrt wird nach jedem Schlag durch Drehen der beiden Ringe 50 und S1 um die wagerechte Achse c erreicht. Der in Führungen gehende Schlagstempel wird durch eine Kurvenscheibe gehoben, von deren Welle aus auch das Drehen der Ringe S bewirkt wird.

Die Maschinen von Stanton (Fig. 9) [15], [16], [21], Krupp (Fig. 10) und der Cambridge Scientific Instrument Comp. (Fig. 11) [17], [18] dienen zu Schlagbiegeversuchen mit eingekerbten zylindrischen Probestäben, wobei die Stäbe nach jedem Schlage um 180° um ihre Achse gedreht werden. Die Stäbe liegen an beiden Enden auf Stützen, der Schlag erfolgt in der Mitte dazwischen an der Kerbstelle. Das Fallgewicht wird bei den Maschinen von Stanton und Krupp durch eine Kurvenscheibe betätigt. Bei der Maschine Fig. 11 erfolgt der Schlag durch einen Fallhammer E, dessen Stiel F bei G angelenkt ist; er wird durch die Stange C angehoben, die links an die Kurbel B angelenkt ist und um die Rolle D sich dreht. Bei bestimmter Hubhöhe, die durch Verschieben der Rollen D an dem Maßstabe M einzufallen ist, gleitet das Gewicht E von dem Ende der Stange C ab und schlägt auf die Probe H auf. Die Maschine von Krupp (Fig. 10) ist mit austauschbarem Schaltwerk ausgerüstet, so daß der Probestab auch allmählich, d.h. nach jedem Schlage, um 14,4° gedreht werden kann. Hierbei wird das obere Kettenrad (Fig. 10) gegen ein Exzenter ausgetauscht; seine Stange betätigt am unteren Ende ein Schaltrad mit 25 Zähnen, dessen Achse den Mitnehmer zum Drehen des Stabes trägt.

Die Maschine von Gustafsson [20], gebaut von der Aktiebolaget Alpha, Stockholm, beansprucht den senkrecht stehenden, am unteren Ende fest eingespannten Probestab auf Biegung (Fig. 12), indem der Stab am oberen[157] Ende abwechselnd in entgegengesetzter Richtung von zwei Pendelgewichten getroffen wird. Die Pendel werden nach dem Aufschlagen auf die gewünschte Fallhöhe wieder angehoben. Der Stab steht entweder fest, oder er wird mit der Grundplatte stetig langsam um seine Achse gedreht.

III. Maschinen ohne Kraftmessung.

Bei diesen Maschinen sind die Grenzen der Beanspruchungen des Probestabes durch die Größe der Formänderungen festgelegt. Die Maschinen haben vor denjenigen mit Kraftmessung den Vorzug größerer Einfachheit und gewähren dabei den gleichen Nutzen, sofern die Beanspruchung innerhalb der Proportionalitätsgrenze bleibt, indem dann die Spannung aus der Formänderung berechnet werden kann. Nicht zu erkennen sind allerdings etwaige Spannungsänderungen während des Versuches infolge Aenderung der Dehnungszahl des Materials durch die Dauerbeanspruchung. Die Arbeitsweise dieser Maschinen ist derart, daß der Probestab an dem einen Ende fest eingespannt und an dem andern Ende um ein bestimmtes Maß hin und her gebogen oder um seine Achse verdreht oder gezogen wird.

Die Maschine von Turner [22] ist für Drehversuche nach dem Schema Fig. 13a und für Biegeversuche nach Fig. 13b eingerichtet. Die linken Enden der Stäbe sind an dem Reitstock einer Drehbank festgelegt. Die Beanspruchungen am rechten Ende erfolgen von der Planscheibe aus, und zwar beim Drehversuch durch eine Exzentervorrichtung, die an den in zwei Spitzen gelagerten Hebel A angreift, beim Biegeversuch durch die Mitnehmerscheibe M, die mit der gewünschten Exzentrizität an der Planscheibe einzustellen ist. Nach Lösen der Antriebsteile von der Planscheibe können die zur Erzielung der gewünschten Formänderungen erforderlichen Momente durch angehängte Gewichte ermittelt werden.

Die Maschine von Arnold [11], [23] beansprucht den Probestab durch Hin- und Herbiegen mit Hilfe eines Schiebers. Fig. 14 zeigt die Maschine mit gebrochenem Stabe. Sein unteres Ende ist fest eingespannt.

Bei der Maschine von Landgraf-Turner [24] ist die senkrecht stehende Probe bei AB (Fig. 15) fest eingespannt und wird durch die Schwinge C hin und her gebogen, indem die Hammerbahnen D und E gegen das obere Ende der Probe schlagen, sofern ihr Abstand größer eingestellt wird, als der Durchmesser des Stabes ist. Ist der Abstand gleich dem Stabdurchmesser, so erfolgt das wechselweise Biegen stetig.

Versuchsergebnisse.

1. Eignung der verschiedenen Versuchsverfahren zur Erprobung der Dauerhaftigkeit des Materials im Betriebe. Blount, Kirkaldy und Sankey [19] halten die Kerbschlagbiegeprobe mit einem Schlage bis zum Bruch für ungeeignet. Brauchbar seien Schlag-Zugversuche mit ungekerbten Proben, wie auch Breuil [38] angibt; das beste Kriterium liefere die Biegungsarbeit bis zum Bruch, ermittelt durch die Hin- und Her-Biegeprobe. Diese Ansicht teilt auch Hjelmsäter [32]. Stanton und Bairstow [15], [21], [33] fordern, daß beim Dauerschlagversuch so leichte Schläge angewendet werden sollen, daß der Bruch erst nach frühestens 750 Schlägen eintritt. Arnold [8], [23] bevorzugt Schlagversuche vor solchen mit zyklischem Lastwechsel, und zwar soll die Beanspruchung die Streckgrenze überschreiten [24]. Turner [22] dagegen will geringere Beanspruchungen angewendet haben. Wingfield [8], [11] weist darauf hin, daß beim Dauer-Zug- und Druckversuch der ganze Querschnitt nahezu gleichmäßig beansprucht ist, während beim Hin- und Herbiegen des um seine Achse lieh drehenden Stabes besonders die Außenzone beansprucht ist.

2. Zur Beurteilung der Dauerhaftigkeit nach der Spannung, unter der das Material auch bei unbeschränkter Betriebsdauer nicht bricht, und über die Beziehung dieser Spannung zu den beim einfachen Festigkeitsversuch ermittelten Materialeigenschaften äußern sich Eden [11], [12], Unwin, Stromeyer, Arnold, Cormack [8], [11], Hjelmsäter [32], Haigh [10], Howard [36], Ludwik [37].[158]

3. Die Stabform beeinflußt das Ergebnis insofern, als plötzliche Querschnittsänderungen (scharfe Ecken, Gewindegänge) die Dauerhaftigkeit vermindern [11], [12], [21]. Stäbe mit polierter Oberfläche waren widerstandsfähiger als nur abgedrehte [11], [12].

4. Für den Verlauf der Formänderungen (Beziehung zwischen Spannung a und Längenänderung λ) fanden Bairstow [14], [21] und Hopkinson [7], [8], [9], [11] bei zyklischem Wechsel zwischen Zug- und Druckspannungen oberhalb der Elastizitätsgrenze schleifenförmige Schaulinien (Hysteresiskurven), die bei gleich großen Zug- und Druckspannungen geschlossen waren (Fig. 16). Ihre Breite B D entsprach der bleibenden Formänderung bei dem zugehörigen Spannungswechsel. Sie nahm mit der Größe des Spannungsbereiches zu, wurde aber für den gleichen Spannungsbereich selbst in der Nähe der vor dem Bruch erreichbaren höchsten Spannungen nach wenigen Lastwechseln konstant. Waren die Zug- und Druckspannungen verschieden groß, so war die Hysteresiskurve um den Betrag λ1 = O D offen (Fig. 17), um den die Länge des Stabes sich bei dem einzelnen Spannungszyklus nach der Seite der größeren Spannung hin änderte. λ1 nahm mit der Zahl der Spannungswechsel allmählich zu und zwar beträchtlich, wenn die größere Spannungsgrenze sich der Häuschen Fließgrenze näherte.

5. Ueber den Bruchverlauf beim Dauerversuch fand schon Sorby 1887 [29], [30], [31], daß sich die einzelnen Eisenkristalle im Innern der Probe nach und nach voneinander lösten, so daß sich seine innere Risse bis zum vollständigen Bruch aneinander reihten. Diese Beobachtung wird durch die Untersuchungen von Rosenhain [8], [27], Humfrey [25], Stanton und Bairstow [13], [15], [21], [33] und Rogers [27], [28] bestätigt (s. Hg. 18). Nach Ewing und Humfrey gehen die Anbrüche durch die Ferritkörner und nicht durch den Zementit; auch Rogers sowie Stanton und Bairstow [15] fanden die ersten Anbrüche im Ferrit und erst beim weiteren Fortschreiten des Bruches im Perlit. Bei Kerb-Schlag-Biegeversuchen unter Drehen des Stabes nach jedem Schlage um 180° schritt der Bruch unter schwachen Schlägen von beiden Seiten aus allmählich fort, schließlich brach der in der Mitte stehengebliebene schmale Streifen. Waren mehr als 100 Schläge erforderlich, so konnte vor dem Bruch keine bleibende Durchbiegung wahrgenommen werden. Nach Gardner [26] nimmt der Widerstand des Stahles gegen Dauerbeanspruchung mit dem Gehalt an Martensit zu. Eine ausführliche Darstellung des Bruchverlaufes bei Dauerversuchen gibt Turner (vgl. [22]). Rogers [27] wies das Vorhandensein von Anbrüchen dadurch nach, daß er Stäbe dem Dauerversuch unterwarf und sie ausglühte, bevor sie gebrochen waren; wurden sie dann weiter bis zum Bruch beansprucht, so zeigten die Bruchflächen eine angelaufene Randzone infolge des Zutrittes von Sauerstoff beim Glühen.

Howard [36] glaubt die Entstehung innerer Risse darauf zurückführen zu sollen, daß infolge innerer Spannungen die Materialbeanspruchungen beim Dauerversuch örtlich der Bruchspannung gleichkommen. Nach seinen Versuchen nahm die Zahl der Lastwechsel bis zum Bruch durch Ausglühen zu. – Kommers [24] beobachtete bei seinen Wechselschlagversuchen kurz vor dem Bruch Veränderungen im Klang der Probe und zugleich Abnahme der Festigkeit.

6. Die Geschwindigkeit der Spannungswechsel war bei den Versuchen von Reynolds [1], [2] von Einfluß auf den Widerstand gegen Dauerbeanspruchung, indem die Zahl der Spannungswechsel zwischen gleichen Spannungsgrenzen mit wachsender Geschwindigkeit abnahm. Unwin [8], Stanton [21], [34], [35], Eden, Rose und Cunningham [11], [12] und Kommers [24] fanden keinen Einfluß der Geschwindigkeit und Stanton schreibt die gegenteilige Beobachtung von Reynolds den Nebeneinflüssen der Stabform und der Erschütterungen der Maschine zu. Hopkinson [7], [11] schließt aus seinen Versuchen mit bis zu 7000 minutlichen Spannungswechseln, daß derselbe Stahl für dieselben Spannungsgrenzen die gleichen[159] Hysteresiskurven A B C D A (Fig. 16) liefert, sofern die Geschwindigkeit etwa 2000 Spannungswechsel in der Minute nicht übersteigt, bei größerer Geschwindigkeit dagegen entsprechend schmälere Schleifen. Er erklärt dies damit, daß bei der größeren Geschwindigkeit dem Stabe die Zeit fehle, seine Länge zu ändern; der geringeren Gesamtdehnung oberhalb der Elastizitätsgrenze entspreche dann ein geringerer Wert für die bleibende Dehnung DB. Hiermit sei zugleich die Entstehung innerer Risse [25] hintangehalten und damit die Dauerhaftigkeit erhöht. Roß af Hjelmsäter fand geringe Erhöhung der Dauerhaftigkeit schon bei 2400 gegenüber 1200 minutlichen Spannungswechseln [20].

7. Ruhepausen während des Dauerversuches zeigten sich nach Eden, Rose und Cunningham [11], [12], Cormack [8], [11], Reinolds und Smith [1] sowie Stanton und Bairstow [14] ohne Einfluß auf die Dauerhaftigkeit. Ebenso ließen Erschütterungen nicht immer einen nachteiligen Einfluß erkennen [11], [12].

8. Durch Ausglühen des Materials wird die Zahl der Dauerbeanspruchungen bis zum Bruch zwischen denselben Spannungsgrenzen nach der Mehrzahl der vorliegenden Untersuchungen verringert [11], [12], [8], nach den Versuchen von Stanton und Bairstow aber das Verhältnis zwischen der Spannung, die beim Dauerversuch nicht zum Bruch führt, und der Streckgrenze σs des Materials erhöht. Howard [36] fand, daß die Zahl der Dauerbeanspruchungen durch Kaltbearbeitung abnahm und bei Blauwärme (200–320° C.) größer war als bei Zimmerwärme.


Literatur: [1] Reynolds und Smith, On a throw testing machine for reversals of mean stress, Philosophical Trans, of the Royal Society, 1902, S. 265. – [2] Wazau, Neuere Dauerversuchsmaschinen, Dingl. polyt. Journ. 1905, Bd. 320, S. 481 und 505. – [3] Engineering 1905, Bd. 1, S. 201. – [4] Ebend. Bd. 1, S. 307. – [5] Neue elektrische Materialprüfmaschine, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1911, S. 1445. – [6] The Witton-Kramer Fatique-Tester, Engineering 1912, Bd. 2, S. 805. – [7] Hopkinson, A High-Speed-Fatique-Tester and the endurance of metals under alternating Stresses of high frequency, Proc. of the Royal Society of London, 1912, S. 131. – [8] The endurance of metals, Diskussion zu [11] und [12], Engineering 1911, Bd. 2, S. 556 und 693. – [9] Hopkinson, The elastic hysteresis of steel, Engineering 1912, Bd. 2, S. 827. – [10] Haigh, A new machine for alternating load tests, Engineering 1912, Bd. 2, S. 721. – [11] Eden, Rose, Cuningham, The endurance of metals, Inst, of mech. Eng. Proc. 1911, S. 839. – [12] The endurance of metals, Engineering 1911, Bd. 2, S. 575 und 612. – [13] Stanton, A new fatique test for iron and steel, Engineering 1908, Bd. 1, S. 697. – [14] Stanton und Bairstow, Direct and alternating stresses, impact. Engineering 1909, Bd. 1, S. 447. – [15] Dies., The resistance of materials to impact, Engineering 1908, Bd. 2, S. 731. – [16] Stanton, Repeated-impact testing machine at the National Physical Laboratory, Engineering 1906, Bd. 2, S. 33. – [17] Ders., Impact testing machine, Engineering 1910, Bd. 1, S. 572. – [18] Maschine für Dauer-Schlag-Biegeproben, Dingl. polyt. Journ. 1910, Bd. 325, S. 380. – [19] Blount, Kirkaldy, Sankey, Comparison of the tensile, impact-tensile and repeated-bending Methods of testing steel, Engineering 1910, Bd. 1, S. 727. – [20] Roß af Hjelmsäter, Einige statische und dynamische Dauerproben, Mitteilungen des internationalen Verbandes für die Materialprüfungen der Technik, 1912, Bd. 2, Nr. 9, V. 2b. – [21] Stanton, Neuere Untersuchungen über den Widerstand der Metalle gegen abwechselnde Beanspruchungen, ausgeführt in dem National Physical Laboratorium zu Teddington, England. Desgl., 1912, Bd. 2, Nr. 9, VI. – [22] Turner, The strength of steels in compound stress and endurance under repetitions of stress, Engineering 1911, Bd. 2, S. 183. – [23] Arnold, Factors of sefaty in marine engineering, Engineering 1908, Bd. 1, S. 565 und 598. – [24] Kommers, Untersuchung über eine für die Praxis brauchbare Dauerprobe, Mitteilungen des internationalen Verbandes für die Materialprüfungen der Technik, 1912, Bd. 2, Nr. 13, V. 4a und 4b. – [25] Ewing und Humfrey, The fracture of metals under repeated alternations of stress, Transactions of the Royal Society, 1903. – [26] Gardner, Journal of the Iron and Steel Institute 1905, S. 481. – [27] Rogers, The micrographie study of failures by fatigue, Engineering 1906, Bd. 2, S. 842. – [28] Ders., Kristallisation des Stahles durch Ermüdung, Stahl und Eisen 1913, S. 1536. – [29] Iron 1887, S. 27. – [30] Sorby, Journal of the Iron and Steel Institute 1887, Bd. 1, S. 255. – [31] Rudeloff, Das Kleingefüge von Eisen und Stahl nach den Untersuchungen von Sorby, Glasers Annalen für Gewerbe und Bauwesen, 1887, S. 123. – [32] Roß af Hjelmsäter, Dauerversuche mit Maschinenstahl, Mitteilungen des internationalen Verbandes für die Materialprüfungen der Technik, 1912, Bd. 2, Nr. 9, V. 2a. – [33] Bairstow, Engineering 1908, Bd. 1, S. 423. – [34] Stanton, Alternating and direct stress, Engineering 1910, Bd. 1, S. 386. – [35] Ders., The National Physical Laboratory in 1910, Engineering 1911, Bd. 1, S. 378. – [36] Howard, Die Widerstandsfähigkeit von Stahl gegen wiederholte wechselnde Belastungen, Mitteilungen des Internationalen Verbandes für die Materialprüfungen der Technik, 1909, Bd. 2, Nr. 5, IV. 1. – [37] Ludwik, Ursprungsfestigkeit und statische Festigkeit, eine Studie über Ermüdungserscheinungen, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1913, S. 209. – [38] Breuil, Revue de Mecanique 1908, S. 537.

Rudeloff.

Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 3.
Fig. 4., Fig. 5., Fig. 6.
Fig. 4., Fig. 5., Fig. 6.
Fig. 7 und 8.
Fig. 7 und 8.
Fig. 9.
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Fig. 10., Fig. 11.
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Fig. 12.
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Fig. 13a und 13b., Fig. 14.
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Fig. 15.
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Fig. 16.
Fig. 16.
Fig. 17.
Fig. 17.
Fig. 18.
Fig. 18.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 155-160.
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