Graphische Künste

[610] Graphische Künste, heute im weiteren Sinne alle Verfahren, die zur Vervielfältigung des Gemalten, Gezeichneten oder Geschriebenen, sowie überhaupt zur druckbildlichen Darstellung irgend eines Objektes dienen. Einige gehören den bildenden Künsten an, wie z.B. der Holzschnitt, die Radierung, der Kupferstich und die Künstlerlithographie, der größte Teil aber den reproduzierenden Künsten, also den mit mechanischen und photomechanischen Methoden arbeitenden.

Die graphischen Künste scheiden sich in zwei Hauptgruppen: 1. die rein photographischen Verfahren, bei welchen die Bilder durch Lichteinwirkung auf empfindlich gemachte Unterlagen entstehen und durch geeignete Prozesse dauernd gemacht werden, und 2. die verschiedenen Druckverfahren, deren Erzeugnisse dadurch erhalten werden, daß eine Druckform mit Farbe versehen und auf die zu bedruckende Unterlage durch Pressen abgeklatscht wird. Je nach der Art der Druckform teilt man die zweite Hauptgruppe in drei Klassen: A. Hochdruck; die druckenden Stellen der Form liegen höher als die nichtdruckenden und kommen daher allein mit der färbenden Walze und dem Papierblatte in Berührung (Holzschnitt, Autotypie u.s.w.); B. Flachdruck; die druckenden Stellen der Form liegen mit den nichtdruckenden in einer Ebene, wobei letztere – wässerig feucht erhalten – die fette Farbe abstößen (Kreide-, Feder- und Photolithographie und -Algraphie, Lichtdruck); C. Tiefdruck; die druckenden Stellen liegen in der Form tiefer als die nichtdruckenden, von denen die im Ueberschusse aufgetragene Farbe durch Wischen entfernt wird, während die Vertiefungen sie festhalten (Radierung, Kupferstich, Heliogravüre, Steingravüre, Guillochierung u.s.w.).[610]


Literatur: Wessely, J.E., Geschichte der graphischen Künste, ein Handbuch für Freunde des Kunstdrucks, Leipzig 1891; Seemann, Lehrbuch der vervielfältigenden Künste, Dresden 1894; Goebel, Th., Die graphischen Künste der Gegenwart, Stuttgart 1895, neue Folge, ebend. 1902; Kampmann, C., Die graphischen Künste, 2. Aufl., Leipzig 1905; Die graphischen Künste, Wien, ab 1879 (Publikation der Gesellsch. für vervielf. Kunst); Adeline, Les arts de reproduction, Paris 1893.

A.W. Unger.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 610-611.
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