Lupe [1]

[267] Lupe, das einfache Mikroskop, ist in ihrer einfachsten Gestalt eine Konvexlinse von kleiner Brennweite (s. Linse), dazu bestimmt, von kleinen Gegenständen, die in geeigneter Entfernung der Linse vorgehalten werden, mäßig vergrößerte Bilder in Sehweite zu entwerfen.

Für eine unmittelbar aus Auge gebrachte Linse (Fig. 1) zeigt die Linsenformel α + α' = φ, daß zur Erzielung eines für das virtuelle Bild negativen Wertes der Bildweite OA' = 1/α' die Gegenstandsweite OA = 1/α kleiner als die Brennweite OF = 1/φ gemacht werden muß, d.h. das Objekt befindet sich etwas innerhalb Brennweite der Lupe, das Bild in der Entfernung des deutlichen Sehens, die für mittlere Augen 25 cm beträgt. Das Verhältnis α/α' = 1 + 25 φ gibt das Maß der Vergrößerung der Lupe und läßt erkennen, daß nur Linsen mit wesentlich unter 25 cm liegender Brennweite stärkere Vergrößerungen geben können. Harting [1] gibt Anleitung zur Herstellung kleinster Lupen in Form geschmolzener Glastropfen, die auf durchlochte Stückchen Platinablech, die als Träger der Linsen und als Blenden dienen, aufgeschmolzen werden und bei gutem Gelingen 300–900fach vergrößerte Bilder geben, die vor den Bildern geschliffener Lupen sich durch geringe sphärische Aberration (s. Aberration) auszeichnen. Dieser Aberrationsfehler ist besonders Linsen kleiner Brennweite, denen man keine zu kleine Oeffnung geben will, eigen und verbindet sich mit dem durch zu kleine Oeffnung bedingten Fehler geringer Helligkeit der Bilder besonders dann, wenn das von der Lupe gelieferte Strahlenbündel die Pupille des Auges nicht mehr erfüllt. Am störendsten sind die durch den Rand der Linse gehenden Strahlen. Man vermeidet dieselben entweder durch eine Einkerbung der Linse, die nur die dem optischen Mittelpunkt der Linse näheren Strahlen durchläßt, z.B. (Fig. 2) die aus einer Kugel gearbeitete Koneopside von Brewster, oder indem man die Lupe zylindrisch verlängert, Zylinderlupe, meist mit stärkerer Krümmung an der Augseite. Die Coddingtonlupe ist eine symmetrische Zylinderlupe mit Einkerbung in der Mitte des Zylinders. Noch besseren Erfolg zur Verminderung der sphärischen Aberration erzielt man durch Verbindung mehrerer Konvexlinsen zu Doubletten oder Tripletten. Solche Verbindungen sind die Lupe von Fraunhofer und diejenige von Wilson, beide aus einem Paar von Plankonvexlinsen bestehend, die ihre konvexen Seiten einander zukehren. Eine zugleich achromatische und aplanatische Lupe ist die Steinheilsche (Fig. 3), aus einer stark konvexen Crownglaslinse mit zwei[267] konvex-konkaven Flintglaslinsen gebildet. Dieselbe mit sechsfacher Vergrößerung, von C. Zeiß in Jena hergestellt, bietet ein großes reines Sehfeld; ebenso frei von Aberrationen zeigt sich die zehnfach vergrößernde Lupe derselben Firma, wobei das mittlere Stück zylindrisch verlängert ist mit kleinerem Durchmesser als die beiderseitigen Flintglaslinsen, so daß sie gleichsam eine achromatisierte Brewstersche Lupe darstellt [2]. Lupen mit geforderter Okular- und Objektivlinse gehören schon mehr zu den zusammengesetzten Mikroskopen, so die in [2] beschriebenen von Brücke und Chevalier mit konkavem Okular (s.a. Mikroskope), Geschichtliches in [3].


Literatur: [1] Frick-Lehmann, Physikal. Technik, Braunschweig 1895, II, S. 778 (nach Harting, Das Mikroskop, Braunschweig 1859). – [2] Czapski, Theorie der optischen Instrumente, Winkelmanns Handb. der Physik, II, 1, S. 26, Breslau 1894, 2. Aufl., Leipzig 1904, S. 328 ff., daselbst weitere Literaturnachweise. – [3] Mohl, H. v., Mikrographie, Tübingen 1846.

Aug. Schmidt.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 2., Fig. 3.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 6 Stuttgart, Leipzig 1908., S. 267-268.
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