Oberlicht [1]

[727] Oberlicht. A. Hochstehendes Seitenlicht 1. über einer Haustüre, s. Tür, oder einem Durchfahrtstor, einer inneren Gangtüre u.s.w.; 2. bei Sägedächern (s. Bd. 2, S. 489 und 504) [1]. B. Hochgelegene Lichtöffnung zur Erhellung von Innenräumen in Ermanglung von Seitenlicht, entweder offen oder mit Glas eingedeckt. Während die offene Anlage nur in südlichen Klimaten möglich (Beispiel: 7,5 m weite Kuppelöffnung im Pantheon zu Rom zur Erhellung des 43,5 m weiten Raums), ist im nordischen Klima eine Glaseindeckung nötig, und zwar 1. als äußeres Dachoberlicht (s. Dach, Bd. 2, S. 490) über inneren Höfen, Hallen oder andern ungeheitzten Räumen. Handelt es sich jedoch um Erleuchtung heizbarer Räume, so muß zur Verhinderung des Ausgleichs der Wärmeunterschiede, d.h. der Niederschläge an der Glasfläche in Form von Tropfwasser, 2. ein inneres Deckenoberlicht angeordnet werden wie bei Bildersälen in Gemäldegalerien (s. Bd. 4, S. 372, und [2]), Geschäfts- oder Ladenräumen, Treppenhäusern u.s.w. Hierzu kommt 3. das begehbare Oberlicht, in Fußböden gelegen, zur Erhellung von Kellerräumen, Tunnels oder dergl.

Zu B. 1. Als Träger für Glasdeckung dienen Sprossen aus Holz oder Metall, welche in der Richtung der Dachneigung zu legen sind, um den ungehinderten Abfluß des Regenwassers zu bewirken; Quersprossen sind hierbei, auch wegen des Tropfwassers, zu vermeiden. Das Holz wird trotz seiner geringen Dauer noch oft bevorzugt, weil es als schlechter Wärmeleiter die Bildung von Niederschlägen und Tropfwasser nicht so begünstigt wie das Metall, welches dagegen den Vorteil bietet, mit seiner größeren Tragfähigkeit bei geringem Querschnitt den Lichteinfall weniger zu behindern.

Unter den Metallen erfordert das wohlfeile Eisen des leichten Rostens wegen eine gute Instandhaltung des Anstrichs; auch sucht man durch Isolierung bezw. Ummantelung der schädlichen Wirkung der Temperaturunterschiede auf das Eisen als guten Wärmeleiter (Tropfwasser) vorzubeugen (Fig. 13). Zur Verglasung wird als leichtester Stoff das Tafelglas, das stärkere Rohglas oder das Drahtglas (s. Glas, Bd. 4, S. 545) verwendet, welches den früher nötigen Schutz gegen Bruchschaden durch Drahtgitter entbehrlich macht. Von besonderer Wichtigkeit ist die gute Dichtung der Glasfläche gegen Eindringen von Regenwasser sowie die gute Ableitung des letztern; ebenso ist gegen das Abtropfen des Schwitzwassers Vorkehrung zu treffen. Dies hat man früher besonders bei Verwendung kleiner Glastafeln durch gute Verkittung des Glases zu erreichen gesucht [2], auch hat man die Gläser mit Bleiblech eingebunden (vgl. Fig. 4 und 5) und Traufkehlen unterhalb des Glases angebracht [1], [3], S. 566 und 568.

Durch die neuesten Fortschritte in der Glasfabrikation stehen nunmehr Tafeln in Längen bis zu 3,60 m, Breiten von 0,50–0,80 m und in Stärken von 5 bis 10 mm zur Verfügung; außerdem aber nach beliebiger Schablone gebogene Gläser, welche größeren Lichteinfall sowie Verminderung der Kosten durch leichteren Unterbau ermöglichen. – An Stelle der früher üblichen Dichtungsstoffe (wie Filz, Horn, Kitt, Gummi u.s.w.),[727] welche meist sehr vergänglich sind und eine Auswechslung erschweren, wird bei größeren Anlagen eine kittlose Dichtung durch die reine Metallfassung (Fig. 68) angewendet, wobei die etwa nötigen Auswechslungen leicht vorzunehmen sind und bei richtiger und sorgfältiger Ausführung der äußeren Anschlüsse ([6] und [7]) jedem Wasserzudrang vorgebeugt wird. Die neueste Ausbildung besteht in Trägern aus abgebogenem Zinkblech [8] (s. Fig. 9 und 10, Syriern Zimmermann, Stuttgart).

Zu B. 2. Die inneren oder Deckenoberlichter haben den Zweck, den Staub und das Tropfwasser vom Innenraum abzuhalten, besonders aber dessen Heizbarkeit zu erleichtern, indem man ihn niedriger macht und zwischen der äußeren und inneren Glasdecke einen Isolierraum schafft, welcher meist durch hellangestrichene Seitenwände umschlossen wird. – Die Anlage kann auf sehr verschiedene Weise erfolgen-, entweder flach in der Balkendecke liegend (Fig. 11) oder als erhöhtes Mittelfeld eines Spiegelgewölbes (Fig. 12) in freitragender Eisenkonstruktion oder angehängt an den Dachstuhl. Hierbei besteht die Oberlichtfläche aus einem Netz sich kreuzender Sprossen (Fig. 13), auf welchen die weißen, gemusterten oder farbigen Glasscheiben aufgelegt und verkittet oder in Bleisalzen gefaßt sind. In neuester Zeit findet das Luxferoberlicht [7] fast ausschließlich Verwendung (Fig. 14). – Um die obere Fläche des Glases von Zeit zu Zeit vom Staube reinigen zu können, sind bei kleinen Oberlichtern Laufbretter, bei größeren aber Stege ([2] auf S. 579, Fig. 644 und 645) vorzusehen, von welchen aus die Reinigung mit der Hand oder durch Sprengvorrichtung mittels Schlauches erfolgen kann.

Zu B. 3. Die Verglasung der begehbaren Oberlichter erfolgt auf schmiedeeisernem Rost aus ⊥ oder I Schienen in Verkittung, durch 20–40 mm starkes Rohglas, Hartguß- oder Drahtglas, welche durch Riesen oder Furchen gerauht sind, um ein Ausgleiten zu verhüten. Zur größeren Erhellung des Unterraums dienen die Luxferprismen, d. s. Tafeln aus weißem Kristallglas von 100 × 100 mm Größe und 4–8 mm Stärke, welche auf der Außenseite glatt bezw. flach gemustert, auf der Innenseite mit Rauten in Prismenform besetzt sind (Fig. 15). Ihre Verwendung bei Fußbodenlicht zeigen die Fig. 16 und 17, bei einem Kellereinfallicht die Fig. 18 und 19 [7]. Vgl. a. Beleuchtungsgrundsätze.


Literatur: [1] Baukunde des Architekten, Bd. 1, 1. Teil, 3. Aufl., Berlin 1893. IV. Metallkonstruktionen. XVI. Oberlichter, Glasdächer und Glasdecken, S. 543 ff. – [2] Handb. d. Architektur, 4. Teil, 6. Halbbd., 4. Heft, 2. Aufl., Stuttgart 1906. – [3 a] Ebend., 3. Teil, Bd. 2, 3. Heft, Raumbegrenzende Konstruktionen. Museen und Gemäldegalerien, S. 277 ff., 322, Darmstadt 1895. –[728] [3b] Fortschritte auf dem Gebiete der Architektur. 2. Verglaste Decken und Deckenlichter, Darmstadt 1894. – [4] Breymann, Allgemeine Baukonstruktionslehre, 3. Teil, 5. Aufl. von Königer, Leipzig 1890. – [5] Landsberg, Th., Die Glas- und Wellblechdeckung, Darmstadt 1887. – [6] Hauptkatalog Jul. Lorenz, Stuttgart, Glasbedachungen. – [7] Deutsches Luxferprismensyndikat, G.m.b.H., Berlin S., Kellerbeleuchtung, Luxferdachsprossen u.s.w. – [8] Spezialkatalog G. Zimmermann, Stuttgart, Kittlose Glasbedachungen, u.s.w.

Weinbrenner.

Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 4., Fig. 5.
Fig. 4., Fig. 5.
Fig. 6., Fig. 7., Fig. 8.
Fig. 6., Fig. 7., Fig. 8.
Fig. 9.
Fig. 9.
Fig. 10.
Fig. 10.
Fig. 11., Fig. 13.
Fig. 11., Fig. 13.
Fig. 12., Fig. 14., Fig. 15., Fig. 16 und 17., Fig. 18., Fig. 19.
Fig. 12., Fig. 14., Fig. 15., Fig. 16 und 17., Fig. 18., Fig. 19.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 6 Stuttgart, Leipzig 1908., S. 727-729.
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