Plansichter [1]

[145] Plansichter, im weiteren Sinne jedes plane (ebene) Sieb zum Unterschied von Trommelsieben, im engeren Sinne eine Gruppe von unmittelbar aufeinander liegenden Flachsieben, die, in einem gemeinsamen Gehäuse oder durch Verschraubung vereinigt, eine wagerechte Verschiebbewegung in geschlossener Kreisbahn vollführen. Auf den einzelnen Sieben wird dem Sichtgut durch Kanäle, die mittels senkrechter Trennungswände gebildet werden, ein bestimmter, langer Weg angewiesen. Die Uebergänge eines Siebes gelangen durch einen senkrechten Kanal entweder auf eines der darunter liegenden Siebe oder verlassen auf diesem Wege die Maschine. Die Durchfälle können, wenn sie nochmals gesiebt werden sollen, unmittelbar auf das darunter liegende Sieb gelangen, auf dessen ganze Ausdehnung sie dann naturgemäß verteilt sind, werden aber meist erst zusammengezogen und fließen dann einem der unteren Siebe an einer bestimmten Einlaufstelle zu bezw. verlassen, wenn sie fertig gesichtet sind, die Maschine. Dieses zusammenziehen geschieht mittels blinder Siebrahmen, d.h. solcher, die anstatt der Gazebespannung einen undurchlässigen Leinwand- oder Blechböden tragen. Auf diesen gelangen die das darüber liegende Sieb durchfallenden seinen Sichtgutteile und werden durch noch näher zu besprechende Mittel nach der Ausfallstelle hingeführt. So findet man denn fast in jedem Plansichter Siebrahmen und »Sammelböden« im Wechsel untereinander liegen.[145]

Die Hauptaufgabe bei der Konstruktion eines Plansichters ist die, für den ständigen Fluß des Sichtgutes in den Sichtkanälen und auf den Sammelböden zu sorgen. Diese Aufgabe löste Karl Haggenmacher in Budapest (D.R.P. Nr. 46509). Seine Erfindung erläutert sich folgendermaßen: Fig. 1 stelle die Aufsicht eines Siebbodens dar, der beispielsweise in vier Kanäle geteilt ist, die das Sichtgut von A aus serpentinenartig durchlaufen soll, bis der Uebergang die Ausfallöffnung Z erreicht. Wie die geraden Pfeile erkennen lassen, müßte zu diesem Zwecke das Sichtgut in einem Kanäle nach der einen, im benachbarten nach der andern Richtung wandern. Das hierfür angewendete Mittel wird aus Fig. 2 verständlich, die ein Stückchen eines Siebkanals in größerem Maßstab zeigt. Wird das Sieb in dem Drehfinne geschwungen, der dem eines Uhrzeigers entgegengesetzt ist (Linksdrehung), so kreist jedes Sichtgutteilchen im gleichen Sinne (punktierter Kreis). Die eine Hälfte (links) dieser Kreisbahn stimmt mit der durch Pfeile p angedeuteten Transportrichtung überein, die andre (rechts) ist ihr entgegengesetzt. Diese rückläufige Bahn wird nun dadurch unterbrochen, daß an der betreffenden Wand Vorsprünge angebracht werden, die aus kleinen in den Kanal hineinragenden Wänden bestehen (Fig. 3) Das Sichtgut bewegt sich dann in dem Kanal ungefähr so fort, wie es die in Fig. 3 punktierte Bahn andeutet. Eine einfache Ueberlegung ergibt jedesmal, an welcher Wand diese Hindernisse anzubringen sind. Fig. 4 zeigt die vollständige Ausrüstung des Siebes nach Fig. 1 mit solchen »Transportierten«. Fig. 5 zeigt einen Querschnitt. Mit solchen Mitteln können auch die Sammelböden ausgestattet werden. Solcher Sieb- und Sammelböden wird eine ganze Anzahl übereinander gelegt, so daß das Sichtgut in einem Apparat einer ganzen Reihe von aufeinander folgenden Sichtprozessen unterworfen wird. Der Querschnitt Fig. 6 zeigt als Beispiel einen Plansichter von zwölf Siebrahmen mit ihren Sammelböden und fünf Ausläufen für fünf verschiedene Sichtprodukte. Ist hierbei die Sichtfläche jedes einzelnen Siebes größer, als sie der Menge des zu sichtenden Gutes entspricht, so kann eine Teilung in 2, 3, 4 Teile stattfinden und jeder Abschnitt mit einer andern Sorte Sichtgut gleichzeitig beschickt werden. Hat man z.B. einen solchen viergeteilten Sichter und sind fünf Siebböden untereinander vorhanden, so ersetzt dieser eine Plansichter 4 · 5 = 20 einzelne Sichtapparate (Zylinder, Zentrifugalsichtmaschinen). Diese ungeheure Maschinen- und Raumersparnis ist ein Hauptvorteil der Plansichter.

Als Ersatz der Haggenmacherschen Transporteinrichtung sind zu nennen: Eine zur Transportrichtung quer geneigte Aufspannung der Siebgaze (D.R.P. Nr. 49378, 55744, 62934, Bittinger) und Anbringung der Gaze mit Gefälle in der Transportrichtung. Ferner eine, im Längsschnitt betrachtet, zahnförmige Aufspannung der Gaze, so daß die Sichtgutmasse die[146] sanft ansteigenden Rücken der Zähne ersteigt, um dann steil abzustürzen. Die senkrechten Zahnwände verhindern hierbei die Rückkehr. Diele Vorrichtung fördert das Gut übrigens nicht nur bei der schwingenden Plansichterbewegung, sondern auch bei einfacher Schüttelbewegung in Richtung der Siebkanäle (D.R.P. Nr. 48997). Schließlich ist zu nennen: die kreisförmige Gestaltung der Siebe, die bei der beschriebenen Plansichterbewegung ein kräftiges Hinwerfen des Sichtgutes zur Siebmitte bewirkt, so daß sie am Umfange gespeist werden und die Uebergänge nahe dem Zentrum das Sieb verlassen (D.R.P. Nr. 77588, Bunge). Die Verbindung der feststehenden Zu- und Ableitungsröhren mit dem schwingenden Plansichter geschieht durch kurze Schläuche aus nachgiebigem Stoff.

Hinsichtlich der Lagerung unterscheidet man hängende und stehende Plansichter. Die erste Aufhängung geschah an vier Stangen, die an der Decke des Gebäudes und am Plansichter selbst in Kugelgelenken endigten. Jetzt werden vielfach Rohrstäbe verwendet, und zwar gruppenweise, 4–8 Stück zu einem Bündel vereinigt. Ihre Biegsamkeit macht die Kugelgelenke überflüssig. Der Antrieb geschah früher von oben, jetzt von unten, mittels eines den Plansichter in der Mitte anfassenden senkrechten Kurbelzapfens. Die Ausgleichung der Fliehkraft durch ein mit der Kurbelwelle umlaufendes Gegengewicht (einseitig belastetes Schwungrad) ist durchaus erforderlich. Die auftretenden Kräftepaare rufen aber trotzdem leicht Erschütterungen hervor, solange nicht die Kurbelzapfenmitte in der wagerechten Schwerpunktsebene der schwingenden Masse liegt und auch der Schwerpunkt des Gegengewichts in diese Ebene gebracht ist. Das gab Veranlassung zur Teilung des Plansichters in zwei getrennte Siebkästen, die zwischen sich die Stelle des gemeinsamen Schwerpunktes für die Anbringung der Antriebsteile frei lassen (D.R.P. Nr. 79108 Konegen). Statt die Aufhängung an der Decke vorzunehmen, hat man auch besondere Böcke angeordnet, welche die Hängeglieder (Stangen, Stäbe) tragen; vgl. D.R.G.M. Nr. 84652. Unter stehenden Plansichtern versteht man solche, deren Last nicht durch Zugorgane, sondern durch Druckorgane auf den Fußboden übertragen wird. Interessant sind hierfür D.R.P. Nr. 58014 Konegen und Nr. 70297 Kapler; in die Praxis eingeführt hat sich die Stützpendellagerung von Voll, Mertz, Haggenmacher (D.R.P. Nr. 167264). Der Plansichter wird hierbei von vier Pendeln gestützt, die an ihm mittels Kugellagern befestigt sind und die auf Schuhen stehen, deren lose aufliegende und bei der Bewegung des Plansichters auf der Unterlage abrollende Unterfläche kugelartig, jedoch so geformt sind, daß sich das System bei Ueberschreitung der ordnungsmäßigen Pendelneigung im stabilen Gleichgewicht befindet, also nicht umfallen kann. Fig. 7 zeigt eine Ansicht eines Stützpendelplansichters, Konstruktion Haggenmacher-Konegen (Ausführung von Amme, Giesecke & Konegen, Braunschweig). Eine wesentliche Rolle spielt bei Plansichtern die Reinhaltung der Siebe. Als Mittel hierfür dienen: lose Bespannung, die durch Biegung und Zerrung des Gewebes offen gehalten wird; Bürsten, die über oder unter den Sieben angebracht und auf die verschiedenste Weise bewegt werden; Abklopfvorrichtungen, die durch Schläge und Erschütterung die Maschen frei machen; endlich das sogenannte Putzgut, das aus grobem Schrot, Maiskörnern, Holz oder Gummikugeln u. dergl. befiehl und das entweder immer auf ein und demselben Siebe seinen Kreislauf vollzieht und durch eine geeignete grobe Ueberspannung der Auslauföffnung auf dem Siebe zurückgehalten wird oder mit den Uebergängen das Sieb verläßt, später vom Sichtgut getrennt und dann entweder innerhalb des Sichters durch schiefe Ebenen, Wendelschurren (Patent Nr. 47758, Bittinger) oder außerhalb der Maschine durch kleine Elevatoren gehoben wird und wieder auf das oberste Sieb gelangt.

Arndt.

Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 3., Fig. 4., Fig. 5.
Fig. 3., Fig. 4., Fig. 5.
Fig. 6.
Fig. 6.
Fig. 7.
Fig. 7.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 145-147.
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