6. Teufel und Näherin.

[33] Es ist schon lange her, da war einmal eine Näherin und diese war so geschickt, daß man zuvor und darnach keine bessere erfragt hätte, so weit der Himmel blau und die Erde grün ist. Allein sie bildete sich auch ihren Teil auf ihre Geschicklichkeit ein und einmal sagte sie gar halb im Spaß, halb im Ernst, sie wollte mit dem Teufel zu Neid und in die Wette nähen. Der Schwarze sollte ihr's gewiß nicht abspielen.

Der Teufel hatte aber dünnere und feinere Ohren, als man meint, und hört in der tiefen Hölle drunten alles, was wir Menschenkinder da oben reden und wispern. Er hatte die Rede der Näherin auch nicht überhört und kam in seinem Staat zu ihr, sie beim Worte zu nehmen. Die Näherin wollte nun das Blatt wenden, allein damit kam sie nicht zurecht. Sie mußte mit ihm die Wette eingehen, wer von ihnen beiden zuerst ein Hemd fertig machen würde. Würde es die Näherin später vollenden, so sollte sie dem Teufel gehören. Die Wette begann nun sogleich und zwar mit dem Zuschneiden. Dazu brauchten aber beide fast gleichviel Zeit und niemand war dem andern voraus. – Allein, als es zum Nähen kam, da hättest du dabei sein und es sehen sollen![34]

Der Teufel, um ja später keinen Augenblick zu verlieren, fädelte sich schier einen ganzen Zwirnknäuel auf einmal ein. Das war sehr ungeschickt getan und dazu kam noch, daß er auch weit längere Arme hat als die Leute, und deswegen mußte er bei jedem Stich dreimal ums Haus herumlaufen, und weil er vergessen hatte, gleich anfangs einen Knopf zu machen, lief er noch dazu die drei ersten Male vergebens.

Die Näherin fädelte wie andere Male ein und machte auch alleweil einen hebigen Knopf, weil sie es so gewohnt war, und nähte und nähte, ohne aufzuschauen, bis sie mit dem Hemde fertig war; und wie[35] sie es vollendet hatte, warf sie es dem Teufel, der gerade in aller Eile daherkam, in die pechkohlrabenschwarze Schnauze. Er schämte sich aber, daß er feuerrot wurde und sich in die Erde hätte verkriechen mögen, denn er hatte noch nicht eine ganze Naht zusammengebracht. Er hatte nun die Wette verspielt und man hat auch seitdem nicht mehr gehört, daß er nochmals mit einer Näherin zu Neid gearbeitet hätte. Nur heißt es jetzt noch oft, wenn einer recht ungeschickt die Arbeit angreift, er mache es wie jener Teufel, der bei jedem Stiche dreimal um das Haus herumgelaufen ist.


(Unterinntal.)

Quelle:
Zingerle, Ignaz Vinc. und Josef: Kinder- und Hausmärchen aus Tirol. Innsbruck: Schwick, 1911, S. 33-36.
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