12. Die Schlacht der Vögel bei Wichitsch.

[178] Etwas Wunderbares trug sich zu in der festen, von der Unna umflossenen Grenzstadt Wichitsch. Nämlich es erschien dort am dritten und vierten Tage des Christmonats im Jahre 1587 (nach Andern 1586) ein zahlloses Heer von Vögeln, wilden Gänsen und Enten in den Lüften, deren Schwärme dunklen Wolken glichen, welche die Sonne verfinsterten. Sie stürzten sich, an die Hunderttausende stark, in die Unna und brachten durch ihre Menge hervor, daß dieser Fluß aus seinen Ufern trat. In der fünften Nacht vernahm man ein furchtbares Geschrei und Geräusch, das die ganze Gegend durchschallte, und sah mit Tagesanbruch diese Vögel, die sich in die Luft erhoben hatten, im wildesten Kampfe gegen einander, als ob sie sich gegenseitig ganz vertilgen wollten. Sie hackten grimmig mit den Schnäbeln auf einander ein, und es schien der Kampf kein Ende zu nehmen, bis die meisten, verletzt oder getödtet, zur Erde auf die Auen oder ins Wasser fielen, so daß Kriegsleute, Bürger und Bauern sich mit ganzen Trachten derselben beluden, auch Schiffe, Wagen und Karren füllten und sie fröhlich verzehrten. Das[179] übrige Geflügel hob sich drei Tage nach dieser Luftschlacht über einer weiten Wiese in die Höhe, flog höher und höher und entschwand dem Auge der verwunderten Zuschauer, die sich von diesem Omen viel Bedenkliches zuflüsterten und es für eine üble Vorbedeutung hielten. Und noch in demselben Monate geschah ein blutiger Einfall der Türken in das Land.

Quelle:
Bechstein, Ludwig: Die Volkssagen, Mährchen und Legenden des Kaiserstaates Oesterreich. 1. Band, Leipzig: B. Polet, 1840, S. 178-180.
Lizenz:
Kategorien: