|
[200] Er ist kein Moses, wenn er auch einen Stab trägt (= Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer).
Die Zange weglegen, heißt noch nicht: Mit Schmieden fertig sein (= Der Schein trügt).
Führe stets eine Waffe bei dir; zu ihrer Zeit wird sie dir nützen (= to be ready is all).
Spiele nicht mit der Wildkatze!
Er kauft den Ochsen nach der Fußspur (= Die Katze im Sack).
Er schneidet das Kleid zu, ehe das Kind geboren (= Il vend la peau de l'ours avant d'avoir tué la bête).
Den Weg verlieren heißt den Weg kennen lernen (= Durch Schaden wird man klug).[200]
Wer die Narbe hat, vergißt die Wunde nicht (= Ein gebranntes Kind scheut das Feuer).
Schreit ein Kind nach einem Messer, so gieb es ihm! (= Damit es sich schneidet und durch Schaden klug wird).
Macht nur das Segeltau los, das Schiff sitzt schon auf dem Felsen! (= Wenn das Kalb ertrunken ist, deckt der Bauer den Brunnen zu).
Ein weitgereistes Kind ist klüger als die Eltern.
Wird eine alte Wunde jemals heil? (= Da ist Hopfen und Malz verloren).
Ein Küchlein braucht man nicht scharren zu lehren (denn dies ist ihm angeboren).
Wenn die Schönheit eßbar ist, so koch sie und iß sie selbst. (Zu einem, der auf körperliche Vorzüge eitel ist = von der Schönheit wird man nicht satt).
Jede Thür hat ihren Schlüssel (d.h. in allen Schwierigkeiten giebt's ein Mittel).
Wer eine Mauer mit Fäusten zerschlagen will, verletzt sich (nur) die Hände.
Wer zu Lande tauchen will, schindet sich das Gesicht.[201]
Liebe läßt sich nicht befehlen.
Gottesfurcht besteht nicht im Tragen eines weißen Turbans.2
Ein Ungläubiger, der dir nützt, ist besser als ein Muslim, der dir nicht nützt.
Gott spricht: Schütze dich, so will ich dich schützen(= Aide-toi-même, le ciel t'aidera).
Fleiß und Eifer heben die Schicksalsbestimmung nicht auf.
Schlechte Arbeit ist besser als gutes Spiel.
Ein Mann ist Arbeit (d.h. der Begriff des Mannes schließt die Pflicht zu arbeiten ein).
Wo ein Wille ist, da giebt es keinen Fehlschlag (= Where there is a will, there is a way.)
Wer eine Schamha (d.h. eine Pflanzung) am Wege anlegt, der darf sich auch nicht beklagen, wenn er aufpassen muß, daß die Vögel seine Körner nicht fressen.
Erfolg kommt nicht (immer) durch Klugheit und Mißlingen nicht (immer) durch Thorheit (d.h. beides hängt von Gott ab).[202]
Ein gut Ding hat keine Dauer (d.h. das Glück ist am veränderlichsten).
Die Welt ist rund, sie dreht sich wie eine Kugel (d.h. das Glück ist veränderlich).
Die Welt ist ein morscher Baum; Mensch, stütze dich nicht darauf!
Mensch und Welt ist Freud und Leid.
Geduld ist der Schlüssel des Trostes.
Geduld zieht das Glück herbei.
Gott hat niemanden schlechter erschaffen (als andere).
Wohin Gutes geht, daher kommt Gutes wieder.
Wer oben ist, ist oben; der Löwe wird nicht von der Antilope gefressen (= Gewalt geht vor Recht).
Wenn's nichts taugt, hat's Meister Mwalimu gemacht; wenn's etwas taugt, Herr Fundi (d.h. den Ruhm des Gelingens erntet der Vorgesetzte, den Tadel des Mißlingens der Untergebene).
Wenn zwei Elefanten streiten, wird das Gras zertreten (= Quidquid delirant reges, plectuntur Achivi).
Ein Finger tötet keine Laus (es gehören zwei dazu).[203]
Ein Feuerbrand und noch ein Feuerbrand, dann brennt das Feuer (d.h. vereinte Kräfte führen zum Ziel).
Seinem Nächsten geben, heißt nicht wegwerfen, sondern für die Zukunft zurücklegen.
Liebe hat weder Augen noch Verstand.
Gegen Liebe giebt es keinen Arzt.
Eine Frau ist wie die Milch einer Kokosnuß, man liebt sie nur in der Schale (d.h. in ihrer Häuslichkeit).
Ein Mann findet in seinem Hause keinen Gehorsam bei seiner Frau und wird nicht als Hausherr respektiert, wenn er sie nicht prügelt, klatsch!
Ein Weib bedeutet »Kleider« (d.h. Putz).
Sag' dein Geheimnis keinem Weibe!
Ein Stiefvater ist kein Vater.
Deine Mutter ist dein zweiter Gott.
Selbst ein mißratenes Kind ist Balsam für die Eltern.
Wer sein Kind nicht will weinen hören, wird selber weinen.[204]
Ein Kind tötet seine Eltern, aber die Eltern töten ihr Kind nicht.
Der Baum muß um seiner Früchte willen leiden.
Wer alles begehrt, verliert alles.
Ihr habt nichts für die Pferde, wie wollt ihr Elefanten füttern (d.h. überhebt euch nicht).
Eine bittere Wahrheit ist besser als eine süße Lüge.
Es ist ein Ehrenpunkt für den edlen Mann, dankbar zu sein.
Wenn du ein Leinensegel bekommst, so vergiß nicht des Mattensegels (d.h. erinnere dich stets dankbar der Dienste, die dir das schlechte Mattensegel geleistet hat).
Ein Versprechen ist eine Schuld.
Vierzig Zungen, vierzig Speere.
Fürchtet den, der schweigt, er hat Lippentrommeln (d.h. sein Schweigen spricht lauter als Worte).
Viel Reden ist Sklavensitte, dem freien Manne ziemt die That.
Wie ein Schaf (so geduldig) zu sterben, ist der Edlen Weise.[205]
Eines armenMannes Huhn legt nie, und wenner legt, brütet es nicht, und wennes brütet, bringt es (die Jungen) nicht aus, und wennes sie ausbringt, holt sie der Habicht (d.h. der Arme hat stets Unglück).
Wir sind wie Finger und Ring, Zunge und Speichel, Bogen und Sehne (d.h. treue Freunde).
Ein geschickter Feind ist besser als ein ungeschickter Freund.
Klugheit lenkt die Dinge, nicht Gewalt.
Der Affe sieht nicht seinen eigenen Rücken, sondern den seines Nachbars (= Balken und Splitter).
Je größer der Topf, desto mehr (angebrannter) Reis bleibt darin (= Wo viel Licht ist, ist viel Schatten).
2 | Der weiße Turban ist das Zeichen eines heiligen Mannes. |
Buchempfehlung
Stifters späte Erzählung ist stark autobiografisch geprägt. Anhand der Geschichte des jungen Malers Roderer, der in seiner fanatischen Arbeitswut sich vom Leben abwendet und erst durch die Liebe zu Susanna zu einem befriedigenden Dasein findet, parodiert Stifter seinen eigenen Umgang mit dem problematischen Verhältnis von Kunst und bürgerlicher Existenz. Ein heiterer, gelassener Text eines altersweisen Erzählers.
52 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.
434 Seiten, 19.80 Euro