Ein Rätsel

[268] Rate einen Mann, der den König spielt. Er thut nichts, sondern sitzt ganz still. Seine Leute arbeiten allein, er selbst thut nichts. Er zeigt ihnen, was sie wünschen, aber er thut nichts. Seine Leute können nicht sehen, er sieht für sie. Sie sind blind, sein ganzes Volk, er allein kann sehen. Sie wissen, daß sie durch ihn sehen, obwohl sie selbst nicht sehen können. Denn sie gehen nicht, ohne daß sie etwas wünschen (?). Er nimmt sie bei der Hand und führt sie dahin, wo die Speise ist, und sie bringen sie in ihr Haus. Aber er selbst rührt nichts an, denn er[268] ist König. Er bleibt immer König, denn er hilft seinen Unterthanen.

Zuerst entstand ein Streit und seine Leute sagten: »Du kannst nicht unser König sein und nichts thun; wir fühlen sonst die Macht deiner Herrschaft nicht.« Er aber antwortete: »Da ihr sagt, ich sei kein König, so will ich still sitzen und zu Boden schauen. Dann werdet ihr sehen, daß ich wirklich ein König bin; denn wenn ich zu Boden schaue, so wird das Land öde sein, ihr werdet in Gruben und Abgründe stürzen, von wilden Tieren verschlungen werden, da ihr sie nicht seht, und Hungers sterben, da ihr nichts zu essen findet. Weil ihr mit mir streitet, seid ihr blind!«

Nun sahen sie ein, daß er ein König war und sprachen: »Laßt uns offen anerkennen, daß er unser König ist, damit wir leben können. Wenn wir Hungers sterben, wird die Majestät, die wir für uns in Anspruch nehmen, schnell zu Ende gehen. Wir sind nur Könige, wenn wir leben.« So wurde er als König anerkannt und regierte, und das Land war glücklich.

Er ist ein Mann, der sich niemals wascht, er sitzt immer nur still. Und wenn ihn nur die geringste Krankheit befällt, so gerät all sein Volk in Bedrängnis, Hungers zu sterben, und die Leute fürchten sich das Haus zu verlassen, weil sie in Abgründe stürzen und zerschellen würden. Sie flehen für seine Gesundheit und freuen sich, wenn es ihm gut geht.


Auflösung: (Das Auge.)

Quelle:
Seidel, A. (Hg.): Geschichten und Lieder der Afrikaner. Berlin: Verein der Bücherfreunde, Schall & Grund, 1896, S. 268-269.
Lizenz:
Kategorien: