Versteck Dich nicht, um die Worte anderer Leute zu hören.

[75] Nach der Feldbestellung und vor der Ernte pflegen die Leute einen Festtag abzuhalten. An diesem Tage begiebt sich gewöhnlich ein Mann allein auf die Pflanzungen, schätzt sie ab und sagt: »Dieser wird fünfzig Lasten bekommen, sein Freund zwanzig und der da wird vielleicht drei oder vier erhalten.«

Im folgenden Jahre war da ein anderer Mann, sein Nachbar, der sprach: »Heute werde ich hingehen und mich verstecken, um zu hören, was der über meine Pflanzung sagen wird.« Er begab sich nach seiner Pflanzung und versteckte sich dort. Der andere erschien; und als er die Pflanzung seines Nachbarn sah, sprach er: »Dieser wird nur eine Last ernten.« Der Eigentümer des Feldes war in der Nähe und hörte jene Worte. Dann kehrte er zurück.

Er liess sich nun einen aussergewöhnlich grossen Sack machen, der wohl hundert Lasten fasste. Bei der[75] Ernte auf seiner Pflanzung wurde der Sack ganz voll, so dass viele Leute daran zu tragen hatten. Aber ehe noch der Eigentümer des Sackes sein Haus erreichte, starb er, und der Sack ging unterwegs verloren, man wusste nicht, wo er hingeraten war.

Von der Zeit an bis heute wagt niemand mehr dergleichen zu thun, nämlich sich zu verstecken, um anderer Leute Worte zu hören.

Quelle:
Velten, C[arl]: Märchen und Erzählungen der Suaheli. Stuttgart/Berlin: W. Spemann, 1898, S. 75-76.
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