6. David.

[319] a) Ein Märchen der afrikanischen Haussa erzählt folgendes über den Ursprung der Affen:


Früher waren die Affen Menschen, die nährten sich vom Fischfang. Einst kam ein Mann Gottes zu ihnen und sagte: »Fangt so viel Fische, als ihr mögt, aber nicht am Sonntag; laßt sie am Sonntag in Ruhe essen.« Die Männer versprachen zu gehorchen.

Als der Sonntag kam, gingen sie nicht wie gewöhnlich auf den Fischfang, sondern gestatteten den Fischen einen Rasttag. Eine von ihren Frauen aber ging zum Ufer des Sees, um Wasser zu schöpfen; da sah sie viele, viele Fische. Sie fing deren etliche und eilte dann nach Hause, um die Männer zu fragen, warum sie denn heut nicht, wie sonst, auf den Fischfang gingen, es seien viele,[319] viele Fische da. Da erzählten ihnen die Männer, wie ihnen ein Mann Gottes erschienen sei und ihnen geboten habe, am Sonntag die Fische in Ruhe essen zu lassen. Die Weiber aber, die dies für leere Ausflüchte hielten, drohten mit ihrem Zorne, wenn die Männer nicht sofort sich aufmachten, Fische zu fangen. Aus Furcht vor ihren Weibern gehorchten sie; sie gingen hin und fingen ein gut Teil Fische. Als sie diese nun nach Hause bringen wollten, erschien der Mann Gottes plötzlich und sprach mit ernster Stimme: »Wie kommt es doch, daß ihr das Gebot des Herrn, eures Schöpfers, nicht erfüllt? Es ist Sonntag, und doch fangt ihr Fische?« Und weiter sprach er, ohne auf die Entschuldigungen der Fischer zu achten: »Vom heutigen Tage sollen die Segnungen von euch genom men werden, die euch gegeben waren. Ihr sollt fortan Schwänze haben und auf Händen und Füßen im Staube umherkriechen und im Walde wohnen.« Das geschah, und so wurden die Menschen in Affen verwandelt.


  • Literatur: Schön, Magana Haussa Native literatury, 1885, S. 88 der Übersetzung. Vgl. Bleek, Reineke Fuchs in Afrika, 1887, S. 141 f.

Diese Überlieferung geht auf den Koran zurück. Dort flucht König David den Juden, die am Sabbath fischten, und verwandelt sie in Affen (II, 61; IV, 50; V, 65; VII, 166). Vgl. Tabarî I, 559: Sabbathschänder werden von Gott in Affen, Ungläubige in Schweine verwandelt. Ähnlich 1. Mos. 11, 1–10, wo ein Teil der Menschen am babylonischen Turm infolge ihrer Sünden zu Affen werden. Bei Weil, Bibl. Legenden, S. 267 f., kommt Salomo in das Tal der Affen. Sie berichten ihm:


Wir stammen vom Menschen ab, wir sind Nachkommen einer israelitischen Gemeinde, welche trotz aller Ermahnungen fortwährend den Sabbath entweihte, bis sie Gott verfluchte und in Affen verwandelte.


b) Eine andere arabische Tradition berichtet, daß ein Zweig Israels in Eidechsen verwandelt wurde. (Revue des trad. pop. XVI, 243.)


c) Abergläubische Israeliten Westungarns behaupten, der Mann im Monde sei der König David. Dieser Glaube hat seinen Ursprung in der mißverstandenen Formel eines Segens, den fromme Israeliten in der ersten Hälfte des Monates, womöglich an einem der ersten Abende, gegen den Mond gewendet zu sprechen pflegen. Darin wird neben der Lobpreisung des Weltenschöpfers auch der Hoffnung auf Errichtung des Messiasreiches Ausdruck gegeben. Das geschieht vornehmlich durch die Worte: »David, König Israels, lebt und besteht.« Seit der Regelung des jüdischen Kalenderwesens durch Hillel II (330–365) bildete die Formel öfter das Losungswort der Zeugen, auf Grund deren Aussage über das Erscheinen des Neumondes der hohe Gerichtshof von Palästina zu Beginn des ersten Herbstmonates die Festzeiten bestimmte. Buchstabengläubige nehmen das dem Wortsinne nach und erblicken den König David im Monde.


  • Literatur: L. Mandl, Urquell VI, 76. Weiteres Material hierzu wird ein späterer Band dieses Werkes (Der Mann im Mond) bringen.
Quelle:
Dähnhardt, Oskar: Natursagen. Eine Samlung naturdeutender Sagen, Märchen, Fabeln und Legenden, 4 Bände, Leipzig/Berlin, 1907-1912, S. 319-320.
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