A. Feindschaft zwischen Hund und Katze (Fuchs).

[142] 1. Aus Litauen.


Einst verabredeten der Fuchs und die Katze, sie wollten einander behülflich sein, Jagdbeute zu machen. Dem Fuchs war es nämlich wegen der Wachsamkeit des Hundes unmöglich, in den Hühnerstall einzudringen. Und die Katze fing auf ihrem Gehöfte schon lange nichts mehr, weil die Vögel ihre Arglist kannten und scheu waren. Deshalb sollte der Fuchs für die Katze einen Vogel fangen, diese aber sollte dem Fuchs ein Huhn bringen.

Die Katze ging nun auf das Gehöft des Nachbars. Sie traf dort den Hund und sagte zu ihm, er möchte doch zu dem Hund ihres Herrn kommen. Der habe nämlich ein so großes Stück Fleisch erhalten, daß er es unmöglich allein verzehren könne. Deshalb lasse er ihn einladen, an dem Schmause teilzunehmen.

Der Hund ließ sich das nicht zweimal sagen und folgte der Einladung. Kaum war er fort, so stahl die Katze ein Huhn und machte sich auf, es dem Fuchs zu bringen. Sie kam auch glücklich damit zu dem Bau des Fuchses. Dieser war nicht zu Hause, sondern auf den Vogelfang ausgegangen. Da dachte die Katze,[142] ein ganzes Huhn sei für den Fuchs zu viel, und fraß die eine Hälfte auf, die andere Hälfte aber ließ sie im Bau zurück; dann machte sie sich auf, den Fuchs zu suchen. Vorher aber hatte sie den Mäusen den Auftrag gegeben, sie sollten das halbe Huhn bewachen.

Mittlerweile war der Hund inne geworden, daß ihn die Katze mit ihrer Einladung angeführt hatte. Als er nun auf sein Gehöft zurückgekehrt war, sah er, daß ein Huhn fehlte. Sogleich ging er, den Räuber zu verfolgen. Er hatte aber den Fuchs in Verdacht, denn er hatte ihn früher oftmals um den Hühnerstall schleichen sehen. Meister Reineke trieb sich gerade auf dem Felde herum, einen Vogel zu fangen, als plötzlich der Hund mit lautem Gebell auf ihn losfuhr. Da hatte der Fuchs nichts eiliger zu tun, als sich in seinen Bau zu retten. Dort fand er das halbe Huhn vor und verzehrte es in aller Gemütlichkeit. Es dauerte nicht lange, da kam die Katze an. Sie hatte den Fuchs vergeblich gesucht und war endlich zu dessen Bau zurückgekehrt. Nun hatte jedoch der Fuchs keinen Vogel gefangen; er leugnete keck, der Katze einen schuldig zu sein, er habe von ihr auch kein Huhn erhalten. Da glaubte die Katze, die Mäuse hätten das Huhn verzehrt, und seit dieser Zeit ist sie ihnen böse. Als sie nun wieder in ihr Gehöft zurückgelangt war, fuhr der Hund wütend auf sie los, weil sie ihn betrogen hatte. Die Katze aber sagte, daß sie die Einladung auf Bitten des Fuchses überbracht habe. Dieser hätte sich gescheut mit dem Hunde selbst zu sprechen. Somit sei der Fuchs der Betrüger; dieser habe auch das Huhn gestohlen. Seit der Zeit verfolgt der Hund den Fuchs, aber auch auf die Katze ist er böse, daß diese die falsche Botschaft überbracht hat.


  • Literatur: Veckenstedt, Mythen, Sagen u. Legenden der Zamaiten (Litauer). II, S. 175 ff.

2. Vom Rhein.


Die Tiere hatten einmal äußerst wichtige Dinge zu beraten. Es wurde eine Versammlung ausgeschrieben, wozu jede Tierart einen Abgeordneten senden sollte. Da kamen denn die Vögel und die Fische und die Vierfüßler von allen Seiten herbei, bis sie alle zusammen waren und nur der Elefant noch fehlte. Als er immer und immer nicht kommen wollte, beschlossen die Tiere, einen Gesandten zu dem Elefanten zu schicken. Sie losten, wer das sein sollte, und das Los traf den Hund. Der aber sagte: »Wie soll ich den Elefanten finden, ich habe nie einen gesehen und kenne ihn nicht.« »Den kannst du leicht finden und erkennen,« erwiderten die Tiere, »er hat ja einen Buckel auf dem Rücken.« »Dann werde ich ihn schon bringen,« sprach der Hund und lief fort. Er begegnete einer Katze, die gerade einen Buckel machte, lud sie höflich ein, mitzugehen, und sie folgte ihm mit stets gehobenem Buckel. In der Versammlung angekommen, rief er: »Hier ist der Elefant!« und stellte die buckelnde Katze vor. Aber da lachten ihn alle Tiere aus, und seitdem ist der Hund spinnefeind mit der Katze.


  • Literatur: Wolfs Zeitschr. f. deutsche Mythol. I, 224 f.

3. Aus Rom.


In Busk, Folklore of Rome S. 421 heißt es: Früher waren Hunde und Katzen gut Freund, aber als die Hunde anfingen, Ratten zu töten, lauerten die Katzen den Hunden auf, und seitdem können sie sich nicht mehr begegnen, ohne einander zu verfolgen.


4. Erzählung der Suaheli.


Es war einmal eine Hündin, die war noch jungfräulich, und eine Maus, die war Hebamme, und eine Katze, die war ein Handwerker. Jene Maus ging oft bei der[143] Katze vorbei, dann ergriff diese sie; darüber ärgerte sich die Hündin und sagte: »Warum packst du die Maus?« Und die Hündin balgte sich sehr mit der Katze, und jedesmal, wenn Hund und Katze sich sahen, mußten sie miteinander kämpfen, weil die Maus von der Katze gebissen worden war.


  • Literatur: Lademann, Tierfabeln S. 117.
Quelle:
Dähnhardt-Natursagen-4, S. 142-144.
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