Wie ein alt Weib eine schiefe Fröhlichkeit einrenkt

[204] Es liebte ein Bursche, der wacker und tüchtig war, aber den Mund nicht auf dem rechten Flecke hatte, ein braves Mädchen. Die war ehrbar und verdiente sich ihren Unterhalt mit ihrer Hände Arbeit, indem sie fleißig spann, den weißen Leinfaden aber zum Weber brachte und die gefertigte Leinwand dann zu Hemden zerschnitt, die sie mit lustigen Farben schön bestickte. Der junge Mann sah ihr oft zu und hatte Freude an ihrer Geschicklichkeit, aber er sah auch ihr schönes braunes Gesicht und ihre kraftvolle Gestalt und liebte sie immer mehr und mochte ihr doch nichts sagen.

So trat er denn traurig vor eine Alte hin, die sich gern den Kuppelpelz verdiente, räusperte sich lange und sprach:

»Mutter, ich liebe die Artemisia so heiß, daß ich sterben muß, darf ich nicht bei ihr liegen. Und heiraten kann ich sie noch nicht, denn ich bin arm und, solange mein Vater lebt, Knecht. Will dir drei Medjidieh geben, wenn du das fertig bringst, daß ich sie umarmen kann.«

Die Alte, die gerade kein Geld im Kasten hatte, freute sich dessen, denn nun konnte sie zum nahen[205] Osterfest Kuchen backen und ein Hühnchen im Topfe haben. Und schnupperte mit der Nase herum, wie wenn sie dessen lieblichen Duft schon verspüre.

Sprach zu dem Jüngling: »O, du mutloser Schlappschwanz du, ich will dir dein Geschäft besorgen, stelle dich nur heute abend an meine Haustüre, und wenn ich dir winke, komm!«

Fröhlich eilte der Bursche fort; die Alte machte sich an das Mädchen heran, lobte sie um ihrer Kunstfertigkeit willen und sprach:

»Komm heute abend zum Spinnen zu mir, und wir wollen zusammen fleißig sein, denn zu zweit läßt sich besser schaffen. Und der Kaffee soll auch dampfen und uns laben. Und plaudern können wir auch!«

»Gerne komme ich, lieb Mütterchen«, sprach die Schöne, »und Luckhoums bringe ich mit, dann sollen die Räder sich lustig drehen!«

Und als das Mädchen abends in der abgelegenen Hütte der Alten saß und schon munter gesponnen hatte, nahm ihr die Alte den Faden aus der Hand und sprach:

»Nun wollen wir uns laben. Gehe hinauf auf den Boden und hole Reisig, auf daß wir Wasser kochen und uns am Kaffee wärmen.«

»So sei es,« sprach die Schöne darwider.

Und als sie die Treppe hinanstieg, die vom Gemach aus gleich auf den Boden führte, und ihre Röcke hob, um das Holz hineinzulegen, schrie die Alte ganz entsetzt:[206]

»O Kind, armes Kind du, nimmer wirst du heiraten können!«

Traten der Jungfrau die Tränen in die Augen, sie wandte sich um auf der Stiege und sprach bebend:

»Da sei Gott vor, Mütterchen, was gibt es denn?«

»Ach Kind, du hast eine schiefe Fröhlichkeit zwischen deinen feinen weißen Schenkeln; wie du so da stehst, sehe ich es ganz genau. Darum kannst du denn nicht heiraten.«

»O Mutter,« schluchzte das Dirnchen, »gibt's da denn keine Abhilfe? Kannst du mir nicht raten? Und ich will dir auch zu Diensten sein und tüchtig für dich die Kunkel drehen!«

»Komm nur, Kind,« sagte die Alte; »komm, ich will dir um deswillen gerne helfen, denn ich verstehe mich gut auf solche Gebrechen. Stapfe hinten in den dunklen Krautgarten und hole mir ein dickes Poreelauch und bringe den Ölkrug aus der Küche mit, dann wollen wir bald Abhilfe schaffen.«

Und die Kleine tat nach dem Geheiß. Und als sie alles zusammenhatten, ließ die Alte sie sich aufs Bett legen und schlug ihr die Kleider über den Kopf. Auf einen Wink aber trat der Jüngling, der von draußen allem durchs Fenster zugesehen hatte, auf leisen Zehenspitzen schleichend ins Gemach und zog seinen Knecht, den er sehr schön und wohlgestalt und kräftig hatte, aus seinem erbärmlichen Stall hervor und schickte ihn zu seiner Lust an die Arbeit.[207]

Schrie das Mädchen: »Mutter, du tust mir weh!«

Die aber sprach: »Nur noch ein Kleines und dann wird's dir wohlgehen. Tummele dich und lasse deine festen Schenkel tüchtig arbeiten!«

Seufzte das Mädchen:

»Ach und o, Mutter, wie schön fühlt sich eine eingerenkte Fröhlichkeit an! Renke weiter ein, lieb' Mütterchen!«

Und der Bursche renkte voller Inbrunst, bis er der Kräfte bar war und sein Knecht trauriglich den Kopf sinken ließ. Dann schlich er leise fort.

Sprach die Alte: »Nun, Töchterchen, ist das Poreelauch aufgezehrt und Öl ist auch nicht mehr da, stehe auf, deine Fröhlichkeit ist gerade geworden.«

Und die Schöne machte ihr herzlichen Dank und ging froh fort. Oft aber kamen ihr Bedenken, ob die Fröhlichkeit auch ganz gerade geworden sei, und sie ließ es die Alte heimlich wissen und kam zu ihr, wo dann der Bursche wieder fleißig nachsah. Und als er endlich Herr seines kleinen Hofes geworden war, faßte er sich ein Herz und begehrte das Mädchen, das ihm wohlwollte und ihn gerne sah, zur Ehe. Und sie heirateten einander. Aus Furcht aber, daß ihre Fröhlichkeit wieder schief werden könnte, ließ sie sie sich immer wieder einrenken, machte ihr das doch auch Spaß und dem Manne große Freude.

Quelle:
[Hansmann, Paul] (Hg.): Schwänke vom Bosporus. Berlin: Hyperionverlag, [1918], S. 204-208.
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