1. Liebeslied.

[352] Zusammen stürzten jäh um dich

Heut meines Herzens Hallen,

Und Thränen netzen mein Gewand,

Die aus den Augen fallen.


Dein Antlitz leuchtet sonnengleich

Und sendet tausend Strahlen

Wie Blitze aus; und bricht mein Herz –

So wirst du damit prahlen.
[352]

Aus meinem Herzen bricht ein Strom,

Ein Wellenschlag von Liedern;

Es strömt – und blendet mich –

Das Blut aus meinen Augenlidern.


Und denk' ich an dein Schönheitsmal,

Vergehen meine Schmerzen;

Doch wie der Wind entweicht dein Bild,

Lässt Sehnsucht mir im Herzen.


Heil war mein Herz; du hast es mir

Verwundet mit den Locken,

Die dir die Stirn umwallen und

Mich in die Knechtschaft locken.


Ein Liebesfeuer brennt in mir.

Ach, du bist fern, gefangen,A1

Drum bleicht das Antlitz, Liebste, mir

Ein ungestillt' Verlangen.


Zusammen stürzen jäh um dich

Heut' meines Herzens Hallen,

Und Thränen netzen mein Gewand,

Die aus den Augen fallen.


Fußnoten

A1 im Hause des Gatten.


Quelle:
Seidel, A. (Hg.): Anthologie aus der asiatischen Volkslitteratur. Weimar: Verlag von Emil Felber, 1898, S. 353.
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