13.

[46] Die Angehörigen der Beriktha waren Götzendiener. Sie verlobten sie und wollten sie dem Bräutigam antrauen, sie aber wollte nicht. Sie schlugen sie und züchtigten sie und wollten sie mit Gewalt verheiraten. Sie aber entfloh, und man schickte Männer zu ihrer Verfolgung aus. Wie sie nun eilig dahinlief, erblickte sie einen Bauern, zu dem sagte sie: »Wenn Leute kommen und nach mir fragen und dich fragen, ob bei dir ein Mädchen vorbeigekommen sei, so antworte: ›Ja, es ist vorbeigekommen,‹ und wenn sie dich dann weiter fragen, wann es bei dir vorbeigekommen sei, so sage: ›An dem Tage, da ich diese Frucht säete.‹« Der Bauer säete, und die Saat ging alsbald auf und schoß hinter ihm her in die Ähren auf jenem Acker. Da kamen [die] Leute zu ihm und fragten ihn: »Ist hier bei dir ein Mädchen vorbeigekommen?« »Ja,« erwiderte er, »es ist vorbeigekommen.« »Wann ist es vorbeigekommen?« fragten sie weiter. »An dem Tage, da ich diese Frucht säete.« Da sagten sie: »Diese Frucht steht schon in Ähren; wie wollen wir das Mädchen erreichen?«, und kehrten in ihr Dorf zurück.

Das Mädchen kam zu einem Felsen, da bat es: »O Gott, öffne vor mir und schließe hinter mir!« Da spaltete sich der Fels für sie, und es wurde ihr ein Weg, und sie schritt mitten durch den Felsen. Darauf gelangte sie in das Dorf1, ging zur Quelle hinein und legte ihre Hand auf den Felsen; unter ihren Fingern sprudelten Wasserquellen hervor. Dann ging sie wieder hinaus und kam weiter zu einem Orte, an welchem sich in dem Felsen eine Nische befand. In dieser setzte sie sich, und der Fels ließ Wasser für sie hinabtröpfeln, und sie trank dieses Wasser,. Bald hieß es: »Da ist ein fremdes Mädchen, das wohnt da im Fellen;« und die Leute des Dorfes pflegten ihm Essen zu bringen. Als das Mädchen starb, begruben sie es in jener Nische, in welcher es wohnte. Wunder fingen an von ihm auszugehn, und diejenigen, welche Gicht hatten, gingen zu ihr um Heilung bitten, und sie heilte sie. Da bauten sie ihr ein Kloster, und die Leute wallfahrteten dorthin. Friede sei über ihr!

1

Wahrscheinlich: an die Stelle, wo jetzt das Dorf steht, und legte an der Stelle, wo jetzt die Quelle ist, ihre Hand, usw.

Quelle:
Bergsträsser, G[otthelf] (Hg.): Neuaramäische Märchen und andere Texte aus Malula. Leipzig: F.A. Brockhaus, 1915, S. 46.
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