25.

[90] Es war einmal eine Frau, die pflegte in der Mühle zu mahlen; da kamen (einst) böse Geister zu ihr und fragten sie: »Was tust du (hier)?« »Ich mahle,« antwortete sie. Sie sagten: »Wir wollen hier bei dir die Nacht verplaudern.« Sie erwiderte: »Tut dies!« Sie setzten sich hin, um zu plaudern; dann fragten sie sie: »Hast du eine Wasserpfeife?« »Nein,« erwiderte sie. Sie sagten: »Wir hätten gern eine Wasserpfeife.« Sie erwiderte: »Ich rauche nicht und habe daher auch keinen Tabak; ihr raucht, also geht und holt euch welchen!« Da sagte einer: »Ich will in das Haus des Schulzen gehen und (das Nötige) holen.« Damit begab er sich in das Haus des Schulzen und holte eine Wasserpfeife. Zu einem anderen sprach er: »Geh du uns Tabak holen!« »Woher?« fragte dieser. »Vom Kaufmann,« erwiderte jener. Da ging dieser Tabak holen. Dann sagten sie zu ihr: »Nun brauchen wir noch Feuer.« Sie erwiderte: »Soll ich euch Feuer holen? Der da kann gehen und welches holen.« Da ging ein anderer Feuer holen; er holte welches und kehrte zurück. Da fragten sie ihn: »Wo hast du Feuer geholt?« Er antwortete: »Bei einer Frau habe ich es geholt und habe dabei ihrem Manne eine glühende Kohle auf die Hosen fallen lassen, so daß sie anbrannten. Da begann sie, mit ihm zu streiten; er holte mit seinem Stocke aus und schlug sie damit, so daß er ihr die Hand beschädigte. Von euch hat der eine eine Wasserpfeife geholt und der andere Tabak, ohne daß ihr etwas angestiftet habt; ich aber habe, indem ich Feuer holte, Streit unter den Bewohnern des (betreffenden) Hauses angestiftet.«

Hierauf fragten sie sie: »Wie heißt du?« »Ich heiße Hischme,« erwiderte sie. Da geboten sie ihr: »Sprich jedes Wort, was du auch immer willst; jedoch jenes Wort1 sprich nicht aus!« Sie sagte: »O nein!« Dann fragten sie sie: »Kommst du nächste Nacht wieder hierher zur Mühle?« Sie antwortete: »Ja, ich werde kommen.« Hierauf sprachen sie: »Auf, laßt uns jetzt gehen; bringt die Wasserpfeife ihren Eigentümern zurück!« Sie gelangten vor die Haustüre des Schulzen; da zerbrachen sie die Wasserpfeife in zwei Stücke und stellten sie dann an ihren Ort. Als die Leute des Schulzen den andern Morgen früh aufstanden, fanden sie, daß die Wasserpfeife zerbrochen war. »Wer hat die Wasserpfeife zerbrochen?« sagten sie. »Gestern Abend, als wir plauderten und uns dann schlafen legten, war sie nicht zerbrochen.« Da sagte der Schulze zu seiner Frau: »Du bist während der Nacht hinausgegangen und hast sie zerbrochen.« Die Frau aber, das Weib des Schulzen, schwur fortwährend, sie sei nicht hinausgegangen und habe sie nicht zerbrochen. Da stieg dem Manne der Zorn auf; er holte mit der Flinte aus und versetzte seiner Frau einen Schlag; da zerbrach[91] die Flinte in zwei Stücke. Hierauf begann der Vater des Schulzen ihn zu schlagen, und sie wurden handgemein. So prügelten sie sich den ganzen folgenden Tag hindurch, die bösen Geister aber hatten mit einander ihre Lust daran.

Als es Abend wurde, begaben sie sich zur Mühle und riefen: »Bist du hier, Hischme?« Sie antwortete: »Ja.« Sie traten ein und befahlen ihr: »Sprich aber jene Worte nicht aus!« Sie erwiderte: »O nein!« Da fragte sie einer: »Hast du bemerkt, was für Unheil es heute gegeben hat?« Sie fragte: »Wer hat sich gestritten?« Sie erzählten ihr: »Die Wasserpfeife, die den Leuten des Schulzen gehörte, haben wir in zwei Stücke zerbrochen und (dadurch) bewirkt, daß sie heute den ganzen Tag mit einander stritten.« Dann sagten sie: »Wir wollen uns zusammen ein Abendessen bereiten, wir mit dir.« Sie fragte: »Was wollen wir bereiten?« »Wir wollen kochen,« antworteten sie. Sie sagte: »Ich habe keinen Kochtopf.« Jene sagten: »Wir wollen einen holen.« Sie sagte: »Ich habe keinen Burghul.« Jene sagten: »Wir wollen dir welchen holen.« Sie sagte: »Ich habe keine Butter.« Jene sagten: »Wir wollen dir welche holen.« Einer sagte: »Die Leute in dem und dem Hause haben Burghul eingetan2, ohne die Segensformel auszusprechen3; ich will hingehen und bei ihnen welchen holen.« Ein anderer sagte: »Die Frau des Schulzen hat Butter herausgetan, ohne die Segensformel zu sprechen; ich will hingehen und bei ihr welche holen.« Ein anderer sagte: »Ich will einen Kochtopf und eine Röstpfanne holen.« So gingen sie; einer holte Burghul, ein anderer Butter, ein dritter eine Röstpfanne und einen Kochtopf; dann forderten sie die Frau auf: »Geh jetzt zu kochen; alle Worte aber darfst du aussprechen, nur die Segensworte darfst du nicht aussprechen.« Da machte sie sich ans Kochen; dann setzte sie das Gericht vom Feuer ab und wollte es anrichten. Sie hob den Löffel empor, um es anzurichten; dabei sprach sie: »Im hehren Namen des Kreuzes!« Da machten sich jene eilig auf, und während sie herausliefen, ließen sie Winde; dazu riefen sie: »Dies komme in deinen Bart4, o Hischme!« Sie jedoch rief: »Dies komme in den Bart derer, die sich ein Gericht zubereitet und nun nichts davon gekriegt haben!« Am anderen Morgen früh gab sie den Kochtopf und die Röstpfanne ihren Eigentümern zurück und gab ihnen den Rat: »Wenn ihr eure Geräte an ihren Platz tut, so sprecht: ›Im Namen des Kreuzes;‹ böse Geister haben euch in der vorigen Nacht euren Kochtopf und eure Röstpfanne weggenommen.« Dann ging sie zu denjenigen, bei welchen jener den Burghul geholt hatte, und gab ihnen den Rat: »Wenn ihr Burghul herausnehmt,[92] so sprecht: ›Im Namen des Kreuzes.‹« Dann ging sie zur Wohnung des Schulzen und gab den Leuten den Rat: »Wenn ihr Butter herausnehmt, so sprecht: ›Im Namen des Kreuzes;‹ böse Geister haben euch gestern die Wasserpfeife zerbrochen, und der Streit, den ihr gestern hattet, kam von ihnen; heute Nacht aber haben sie euch Butter weggenommen.« So kam es, daß wenn jemand ein Geschäft verrichten will, er sagt: »Im hehren Namen des Kreuzes.« Diese Geschichte hat sich in dieser Ortschaft zugetragen. Und nun ist's aus.

1

d.h. »im Namen des Kreuzes«. O. Gl.

2

Nach der Parallelstelle am Schlüsse der Erzählung eher »(aus dem Behälter) herausgenommen«.

3

wörtl.: »ohne den Namen zu nennen«; der böse Geist darf die Formel auch nicht aussprechen.

4

Gleich dem beliebten »Dreck in deinen Bart!« soviel als »da bist du geprellt«.

Quelle:
Bergsträsser, G[otthelf] (Hg.): Neuaramäische Märchen und andere Texte aus Malula. Leipzig: F.A. Brockhaus, 1915, S. 90-93.
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