XII
Die Teilung.

[113] Es waren einmal zwei Brüder, die waren sehr arm, denn sie waren Waisen. Als sie gross1 und Männer geworden waren, nahmen sie sich Frauen. Eine sehr kurze Zeit verstrich, und ihre Frauen zankten mit einander. Darauf sagte der ältere Bruder zu dem jüngeren: »Mein Bruder! unsere Frauen vertragen sich nicht. Wir wollen jetzt lieber auseinandergehen, vielleicht [ist es so besser, als dass]2 wir zusammen wohnen.« Sie trennten sich nun von einander und teilten alles, was sie hatten, d.h. ihr Gross- und Kleinvieh, ihr Bettzeug und ihren Tisch.3[113] Schliesslich blieb noch Eisen, und auch das teilten sie. Aber da blieb noch ein Beil übrig. »Wem von uns soll das gehören?« fragten sie. Da antwortete einer von ihnen: »Wir wollen es ins Wasser legen und so lange nicht reden, bis es weich geworden ist.«

1

Die gewöhnliche Bedeutung des Verbums gwr »heiraten« (von gabhra) passt hier nicht, wenn auch die Übersetzung tazauuaģû hat, da erst nachher steht, dass sie sich Frauen nahmen. Man muss hier vielmehr gwr von dem neu-aram.-kurdischen gûra »gross« ableiten.

2

Hier dürfte eine Lücke sein; die Übersetzung hat ,aḥsan mâ niskun.

3

Vgl. oben p. 17 Anm. 2.

Quelle:
Lidzbarski, Mark (Hg.): Geschichten und Lieder aus den neuaramäischen Handschriften. Weimar: Verlag von Emil Felber, 1896, S. 113-114.
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