XIV
Wie ein Ṭiâri Eier ausbrütete.

[128] Bei GRIMM, KHM. III p. 62 will ein Narr Gänseeier und bei KRAUSS, SMSdsl. II p. 258 f. die Dorfbewohner einen als Stutenei angesehenen Flaschenkürbis ausbrüten. Bei LESKBR, LitVlM. p. 359 brütet wirklich eine Frau aus Eiern – Kinder aus.


Eines Tages ging ein Mann von Ṭiâri Hirse mähen. Da sagte er zu seiner Frau: »Ich gehe Hirse mähen; nach einiger Zeit bringe mir Mittag, damit ich esse.« »Schön«, sagte sie. Er ging nun weg, um zu mähen. Seine Hirse war auf einem sich über einer Schlucht erhebenden Hügel1 gesät. Als er hier ankam und zu mähen begann, erhob sich vor ihm ein Rebhuhn,2 flog auf, machte durch den Lärm seiner Flügel piniûṣ3 und liess sich in die Schlucht hinab.[128] Da sagte er: »Wie? nur du kannst auf Eiern brüten? ich kann es auch.« Da ging er hin, brütete auf den Eierndes Rebhuhns und mähte nicht. Er blieb da auf den Eiern, bis seine Frau kam. Als sie in seine Nähe trat, rief er ihr zu: »Frauchen! komm nicht von dort hierher, denn ich mache piniûṣ!« Als sie aber doch herankam, rief er ihr zu: »Frauchen! ich sage dir doch, dass du nicht herkommen sollst; ich mache piniûṣ, ha!« »Was ist dir«, fragte sie. »Sage mir so etwas nicht, Mann! Wie willst du piniûṣ machen?« und sie trat nahe an ihn heran. Da erhob auch er sich, warf sich in die Schlucht hinab, zerplatzte sofort, und es entstand ein Pfeifen (?). Seine Frau ging dann leer nach Hause.

1

? Die Übersetzung hat einfach »Ort«.

2

Über die Rebhühner im Ṭiârigebiete vgl. LAYMEIS., Nin Üb. p. 98.

3

In der Übersetzung ist das Wort bloss transcribiert. Ein den Ruf des Rebhuhns nachahmendes Wort scheint es nicht zu sein, da sich wenigstens der unserer Rebhühner anders anhört.

Quelle:
Lidzbarski, Mark (Hg.): Geschichten und Lieder aus den neuaramäischen Handschriften. Weimar: Verlag von Emil Felber, 1896, S. 128-129.
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