[379] Chandra's Rache.

Seite 315. Fast in jeder Pilgergruppe, die zu den großen hindustanischen, heiligen Schreinen wandert, sind einige Personen, die dem Bilde dieser kinderlosen Frau gleichen, die ausging, um den Mahadeo zu suchen und nicht eher zurückzukehren beschloß, bis sie ihn gesehen habe. Jeder, der Gelegenheit hat, die Mitglieder einer solchen Gesellschaft ruhig auszufragen, wird bei derselben außer der gemischten Menge der Müssiggänger, Repräsententen einer zweifachen Art der strengen Gottesverehrung[379] finden. Die Einen beabsichtigen eine ascetische, aufopfernde Handlung auszuführen. Sei es nun, um die Gunst der Gottheit zu gewinnen, oder um ein Gelübde zu erfüllen für eine bereits erhaltene Gunst. Die Anderen gehen aus, um die Gottheit zu sehen, und erwarten, daß sich ihnen dieselbe in einer oder der anderen schrecklichen Gestalt der Hindu-Pantheons offenbare. Es ist kaum etwas pathetischer anzuhören, als die Erzählung eines solchen Pilgers von den bestandenen Wanderungen und Leiden seines Suchens und von der Reise, die er vor sich hat. Wird doch dieselbe oft ausgedehnt bis der Tod dem Wanderer und seiner Pilgerfahrt ein Ziel setzt.


Seite 319. Das Feuer, welches nicht brennt, ist überall ein Merkzeichen des Mahadeo. In Dekan finden sich an vielen Orten die heiligen Schreine eines Localgottes, der von brahmanischer Seite als eine locale Offenbarung Mahadeos anerkannt ist. Ihm zu Ehren brannten in letzter Zeit an seinen alljährlich wiederkehrenden Festtagen große Feuer, durch welche die frommen Gottesverehrer sprangen oder liefen. Blieben sie unversehrt, so schrieben sie das einer Vermittelung Mahadeos zu. Außer in ein paar abgelegenen Dörfern hat die Polizei auf brittischem Gebiete diesem Gebrauche Einhalt gethan. Führte er doch manchmal zu ernstlichen Unfällen.


Seite 323. Diese Geschichte von einem wunderbaren Kinde, das man in einem Kasten auf einem Flusse schwimmend fand, wird mit mehr oder weniger verschiedenartigen Ausschmückungen an den Ufern aller großen, indischen Flüsse, erzählt. Fast jedes alte Dorf in Sind hat eine derartige Local-Sage


Seite 330. Die meisten Familien in Calcutta erlebten auch einen solchen Vogeldiebstahl, wie er wohl zur Zeit des[380] Nestbauens vorzukommen pflegt, und dieser Erzählung von den, durch den Adler gestohlenen königlichen Spangen gleicht. Der geraubte Gegenstand ist aber gewöhnlich prosaischer. Ich habe es erlebt, daß auf diese Weise goldene Ringe fortkamen. Meistens beschränkt sich der Diebstahl auf eine Damenmanschette, einen Kragen oder ein Stückchen Spitze, und der Räuber ist dann eine Krähe, zuweilen auch, aber sehr selten, ein Geier.


Seite 338. Die Purwaris oder Ausgestoßenen, die mit den höheren Classen nicht in ein und demselben Stadtviertel wohnen dürfen, sind im südlichen Indien sehr zahlreich, und das Volk beweist einem häufig mit einer derartigen Legende, daß sie im Vergleich zu den anderen Volksclassen überflüssig sind.

Quelle:
Frere, M[ary]: Märchen aus der indischen Vergangenheit. Hinduistische Erzählungen aus dem Süden von Indien, Jena: Hermann Costenoble, 1874, S. 379-381.
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