Das Waldmädchen.

[131] Vor vielen Jahren gieng einmal ein Mann in ein benachbartes Dorf, das in der Nähe von Jungbunzlau liegt. Vor demselben fand er ein kleines Mädchen, das nahm er zu sich und ließ es mit seinem Söhnchen aufziehen. Der Sohn des Bauers gewann das Mädchen lieb und als es herangewachsen war, begehrte er es zur Frau. Das Mädchen aber wollte nicht und sagte, es sei ein Waldmädchen, sie müsse erst ihre Mutter fragen, die im Walde wohne, er möge sie begleiten. Sie giengen denn bei stockfinstrer Nacht in den Wald; das Mädchen[131] aber führte den Burschen an einen Abgrund und stürzte ihn dort hinab, daß er seinen Tod fand. Seitdem blieb das wilde Mädchen verschwunden. An dem Orte aber, wo der Bursche hinabstürzte, soll immer in der Nacht ein Flämmchen herumhüpfen und manchmal sollen Wanderer, die dort vorübergiengen, ein Wehklagen von dorther vernommen haben. (J. Winterberg aus Jungbunzlau.)

Quelle:
Grohmann, Josef Virgil: Sagen-Buch von Böhmen und Mähren. 1: Sagen aus Böhmen, Prag: Calve, 1863, S. 131-132.
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