[340] 16. Von der Frau, die Gutes tut und Undank erfährt.

Aus Jannina. –

Der Zug, daß die unglückliche Fremde von der Amme der Königin am Brunnen sitzend gefunden wird, und auf deren Verwenden bei der Königin Aufnahme findet, verbunden mit dem Zuge ihrer beständigen Trauer, welche niemals ein Lächeln über ihre Lippe kommen ließ, erinnert an die auf der ἀγέλαστος πέτρα bei dem Brunnen von Eleusis sitzende und um ihre verlorene Tochter trauernde Demeter, welche die Jambe, Amme der Königin Metaneira, durch ihre Späße zum Lachen bringt und ihrer Herrin zuführt. Dieser uralte Zug bildet in zahlreichen Märchen die Aufgabe der Brautwette. In einem albanesischen Märchen bringt ein häßliches Weib, ohne es zu wollen, die eine von drei Miren, welche stets traurig ist, zum Lachen, und wird zum Lohn dafür in eine schöne Jungfrau verwandelt; ebenso in Pentamerone Nr. 10.

Als Kranke heilende Königin, zu welcher nach langer Trennung ihr Mann kommt, dem sie treu geblieben, klingt die Heldin an die Gestalt der Menglada im Fiölsvinnsmal der Edda an; nur daß hier umgekehrt die Frau die Unerkannte ist.

Pentamerone Nr. 22 bietet zu unserem Märchen vielfache[340] Anklänge und verflicht damit den Zug der abgehauenen Hände des deutschen Märchens bei Grimm, deren Naturkeim wir gleich dem von Tyrs abgebissener Hand in den wechselnden Mondhörnern suchen möchten.

Quelle:
Hahn, J[ohann] G[eorg] v[on]: Griechische und Albanesische Märchen 1-2. München/Berlin: Georg Müller, 1918, S. 340-341.
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