[393] 37. Der Königssohn und der Bartlose.

[393] Text (aus dem Dorfe Çagori).

Variante. (Aus Wisiani.) – Der Prinz nimmt auf der Fahrt zur Schönen des Landes1, nach dem Rat des blinden Drachen, Fleisch, Honig und Weizen mit, und füttert mit dem Fleisch hungrige Adler, mit dem Honig hungrige Bienen und mit dem Weizen hungrige Ameisen und wirft auch noch Fische, die auf das Trockene geraten waren, ins Wasser zurück.

Die Schöne des Landes gibt ihm auf: 1. neunundneunzig Hasen zu hüten, was die Adler besorgen; die Schöne befiehlt ihrer Magd, einen davon zu stehlen, aber die Adler nehmen ihr denselben wieder ab; 2. allerlei Getreide zu sichten; 3. den Ring, den sie in die Meerestiefe wirft, wieder heraufzuholen, was er durch die Ameisen und Fische tun läßt; 4. sie im Bade unter anderen Frauen zu erkennen, was die Bienenkönigin ermöglicht.

Das in den Text aufgenommene Schneckensuchen ist aus dieser Variante hinübergenommen. Nach dem Texte wird der Prinz von dem Bartlosen »auf der Jagd getötet.«

Nach einer Variante aus dem Dorfe Çagori ist der König achtzehn Jahre lang kinderlos.

Anmerkungen. – In dem Märchen erscheint die Bertaformel Nr. 21 mit der der dankbaren Tiere Nr. 32 verbunden.

Der dürstende Prinz entspricht der dürstenden Prinzessin in Nr. 28 und Grimm Nr. 89, und der dem Helden ratende lahme Gaul klingt an den mit der Prinzessin redenden Kopf der Falada des erwähnten deutschen[394] Märchens an, noch näher steht aber der dem Ferenand getrü (Grimm Nr. 126) bei der Lösung der Aufgaben ratende Schimmel.

Die Aufgabe, die unter anderen Frauen versteckte Prinzessin zu erkennen, welche mit Hilfe der dankbaren Biene gelöst wird, findet sich ebenso bei Grimm Nr. 62 und anklingend in unserem Märchen Nr. 13.

Auch die Aufgabe des Hasenhütens in der Variante erzählt Grimm Nr. 165 mit geringen Abweichungen. Hans soll nämlich einen Tag lang hundert Hasen hüten und erhält von dem ihn beschützenden Alten ein Pfeifchen dazu. Die Prinzessin schickt ihre Magd und verlangt einen davon. Hans antwortet, daß die Prinzessin selber kommen solle und gibt ihr einen Hasen in die Schürze; als er aber pfeift, springt der Hase aus derselben und läuft zur Herde zurück. In Wolf, D. Hausm., S. 138 soll der Held drei Tage lang hundert Hasen hüten und führt mit seinem Pfeifchen den General, das Kammermädchen, die Prinzessin und den König an.

Der deutschen Frau Harke Herde besteht aus Hasen, und die in dem Märchen erwähnte Zahl neunundneunzig findet sich verbunden mit dem Hasen in dem niederdeutschen Fluche: Nu wok dat niegenunniegenzig wagen vull getrampelte Donnerkiils kämen un slaigen di so deip inne är, as de has in niegenunniegenzig jär loupen kann. Mannhardt, German. Mythen, S. 410.

Fußnoten

1 ἡ καλὴ τοῦ τόπου.

Quelle:
Hahn, J[ohann] G[eorg] v[on]: Griechische und Albanesische Märchen 1-2. München/Berlin: Georg Müller, 1918, S. 393-395.
Lizenz:
Kategorien: