[403] 49. Die Zederzitrone.

Aus Aïwali (Kydonia) in Klein-Asien. – S. Bertaformel Nr. 21.

Die Jungfrau auf dem Baume, von der Mohrin herabgelockt, stimmt zur Pulja Nr. 1 und zur Letiko. Nr. 41.[403]

Die aus dem Goldfischchen entstehende Zypresse wiederholt sich Nr. 22.

Sehr überrascht fühlte sich der Verfasser, in Zingerle Nr. 11 ein deutsches Gegenbild dieses kleinasiatischen Märchens zu finden. Der reiche Grafensohn will keine Braut, die von einer Mutter geboren ist; er zieht nach einer solchen aus und eine Alte weist ihn an, wie er in die Küche eines Schlosses gelangen könne, wo er drei Pomeranzen und ein Messer finden werde; mit diesem solle er eine Pomeranze aufschneiden, die daraus aufsteigende Jungfrau aber sogleich unter das Wasser des unter zwei Linden stehenden Brunnens halten. Es gelingt ihm mit der zweiten. Statt der Zigeunerin tritt eine Hexe und ihre Tochter ein. Die Verwandlung der Braut durch die Zaubernadel in eine Taube und ihre Entzauberung durch den Prinzen teilt das deutsche Märchen mit dem walachischen Märchen von der ungeborenen Niegesehenen bei Schott Nr. 25. In diesem erhält der Held, der nach ihr sucht, von der heiligen Mutter Mittwoch einen goldenen Apfel, den er der Jungfrau neben dem Brunnen geben solle, nachdem sie einen Trunk aus diesem von ihm angenommen. Er ißt aus Durst diesen und den ihm von der heiligen Mutter Freitag gegebenen; erst mit dem von der heiligen Mutter Sonntag erhaltenen gelingt der Erwerb der Jungfrau.

Die Zigeunerin holt ihre Mutter zum Brunnen, die die Jungfrau unter dem Vorwand, ihr das Haar zu ordnen, vom Baume lockt, ihr eine Zaubernadel in den Kopf sticht und sie dadurch in eine weiße Taube verwandelt.

Diese läßt sich von der Magd der Zigeunerin fangen und zum Helden bringen, der ihr die Zaubernadel aus dem Kopfe zieht.[404]

Die mehrfachen Verwandlungen des griechischen Zederzitrönchens stellen sich zu den Verwandlungen der walachischen Goldkinder bei Schott Nr. 8. S. hierüber Anmerkung zu Nr. 69.

Die drei Zitronen im Pentamerone Nr. 49 ergeben das neapolitanische Gegenstück unseres Märchens, dessen Eingang jedoch zu dem Rahmenmärchen des Pentamerone stimmt, indem hier wie dort die Hauptfigur wegen eines entzweigeworfenen Topfes von einer Alten verwünscht wird, sich in einen Unbekannten zu verlieben. Noch näher stellt sich jedoch unserem Eingange der von Pentamerone Nr. 17, da auch dort der Verwünschte ein Mann und der von ihm entzweigeworfene Topf mit Bohnen gefüllt ist.

Über die Fortsetzung dieses Märchens Nr. 17 s. ad Nr. 54.

Quelle:
Hahn, J[ohann] G[eorg] v[on]: Griechische und Albanesische Märchen 1-2. München/Berlin: Georg Müller, 1918, S. 403-405.
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