[410] 55. Vom Halberbschen.

Text (aus Agia Anna in Nord-Euböa).

Variante. (Aus Kato Sudena in Epirus.) – Es war einmal ein Ehepaar, das hatte keine Kinder und bat den lieben Gott: »Lieber Gott, schenke uns ein Kind, und wenn es auch nicht größer als eine Erbse wäre.« Da schenkte ihnen der liebe Gott ein Kind, das war so groß wie eine Erbse, und wurde auch nicht größer.

Eines Tages ging sein Vater auf das Feld, um zu pflügen, und sagte seiner Frau, daß sie ihm zu Mittag mit dem Erbsenkinde ein Brezelbrot schicken solle. Als nun das Kind um die Mittagszeit mit dem Brezelbrote zum Acker kam, da rief es: »Vater, von welcher Seite soll[410] ich beikommen?« Und dieser antwortete: »Vom Rande, vom Rande!« Da begann das Erbsenkind das Brezelbrot vom Rande an zu essen, und als es bis zur Mitte gekommen war, da rief es: »Vater, von welcher Seite soll ich beikommen?« Und dieser antwortete: »Von der Mitte aus.« Da begann das Erbsenkind das Brezelbrot von der Mitte an zu essen und aß so lange, bis nichts mehr davon übrig war, und ging dann auf den Acker zu seinem Vater usw.

Die Ochsendärme frißt der Wolf und holt sich bei der Füchsin Rat, wie er sich heilen könne; die riet ihm: »Gehe zum Strande und wälze dich, bis du schwitzest;« das tat der Wolf und wälzte sich, bis er barst.

Anmerkungen. – Wie im deutschen Daumesdick, Grimm Nr. 37, erfüllt sich auch an Halberbs der Wunsch der Eltern in der Variante wörtlich. Auch sein deutscher Doppelgänger wird von der Kuh, und als diese geschlachtet wird, vom Wolfe verschluckt, und Schlauheit und Humor sind beiden gemeinsame Charakterzüge.

Das albanesische Gegenstück ist der Räuber Nuß Nr. 99. Über die hellenischen Parallelen s. Grimm ad Nr. 37.

Quelle:
Hahn, J[ohann] G[eorg] v[on]: Griechische und Albanesische Märchen 1-2. München/Berlin: Georg Müller, 1918, S. 410-411.
Lizenz:
Kategorien: