[460] 67. Die Äffin.

Aus Syra. –

Das Märchen gehört zu der Formel des besten Jüngsten1[460] welcher ein Dümmling ist, geht jedoch nicht über die Lösung der den drei Brüdern gestellten drei Aufgaben durch den Dümmling hinaus und entspricht in dieser Form Grimm Nr. 63, wo an die Stelle der Pfeile drei in die Luft geblasene Federn, und an die der Äffin die Kröte tritt. – Ein weiteres deutsches Gegenbild liefert das Harzmärchenbuch von Ey, S. 100.

Überraschende Ähnlichkeit mit dem unsrigen zeigt ein indisches Märschen im Asiatic Journal 1833, XI, S. 206–214, s. Benfey Pantschatantra I, S. 261. Prinzen sollen ihre Frauen dadurch erhalten, daß jeder einen Pfeil abschießt; wo der Pfeil hinfliegt, da werden sie ihre Frauen finden. Des jüngsten Pfeil trifft eine Tamarinde; er wird mit ihr verheiratet; seine Frau ist aber ein Affenweibchen; dennoch lebt er glücklich mit ihr, erscheint aber nie mit ihr an seines Vaters Hofe. Die Schwägerinnen sind neugierig, zu wissen, was er für eine Frau habe. Sie bewegen den Schwiegervater, allen seinen Schwiegertöchtern ein Gastmahl zu geben. Der Prinz ist betrübt, daß das Geheimnis herauskommen werde. Da tröstete ihn seine Frau, legt ihr Affengewand ab und erscheint als wunderschönes Mädchen. Sie trägt ihm zwar auf, die Affenhülle sorglich aufzuheben, da sonst große Gefahr drohe; allein er, um die Frau in ihrer schönen Gestalt zu behalten, verbrennt das Fell, während sie beim Gastmahle ist. In demselben Augenblick verschwindet sie. Der Prinz sucht sie wieder und findet sie endlich als Affenkönigin im Himmel, wo er dann bei ihr bleibt.

Der Kern des indischen Märchens ist also nicht die Frage: Wer soll König sein? Sondern das Verbrennen der Tierhülle, welche hier nicht (s. auch Benfey I, S. 262), wie in den entsprechenden deutsch-griechischen Märchen,[461] den damit bekleidet gewesenen in seine wahre Gestalt bannt.

In Griechenland gibt es keine Affen mehr, das Märchen muß also eingewandert sein; es fragt sich nur wann? –

Das Märchen findet sich auch, jedoch in abgeschwächter Form, im Serbischen bei Wuk Nr. 11.

Fußnoten

1 In dem entsprechenden Märchen bei Zingerle Nr. 9 ist der Held umgekehrt der älteste der drei Brüder.

Quelle:
Hahn, J[ohann] G[eorg] v[on]: Griechische und Albanesische Märchen 1-2. München/Berlin: Georg Müller, 1918, S. 460-462.
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