[497] 93. Vom Wolfe und vom Esel.

Aus Ziza in Epirus. –

In Wolfs d. Hausm. S. 419 wird der Wolf in ähnlicher Weise dreimal angeführt: Von den Widdern, denen er erst ihre Weide messen und verteilen soll, wobei er zwischen ihre Hörner gerät1, von der Stute, der er erst einen Dorn aus dem Hufe ziehen soll, und von der Ziege, der er erst ein geistlich Lied lehren soll, dessen Anstimmung die Bauern herbeilockt. Darauf ruft er aus: »Ach, was bin ich doch für ein dummer Kerl! Ach Gott, wirf dein scharfes Schwert von deinem elfenbeinernen[497] Turme und strafe mich um meiner Dummheit willen.« Da warf ihm ein Bauer vom Baume, auf den er sich vor ihm geflüchtet, sein Beil zwischen die Ohren. »Uh!« schrie der Wolf, »die Stätte ist gar zu heilig, da wird jede Bitte allzubald erhört.« Nun schleppt er sich halbtot in seine Höhle und ruft: »Mein Vater war kein Feldmesser, drum kann ich auch keiner sein; mein Vater war kein Feldscherer, drum kann ich auch keiner sein; mein Vater war kein Sänger, drum kann ich auch keiner sein, und kann mir mein Brot nicht verdienen.« Und darüber quälte er sich so, daß er sich hinlegte und starb.

Fußnoten

1 In der indischen Fabel vom allzugierigen Schakal gerät dieser zwischen die Köpfe der streitenden Widder, indem er gierig das Blut auf der Kampfstätte aufleckt.

Quelle:
Hahn, J[ohann] G[eorg] v[on]: Griechische und Albanesische Märchen 1-2. München/Berlin: Georg Müller, 1918, S. 497-498.
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