[65] 66. Von dem Hahn, der Pabst werden wollte.

Es fiel einmal dem Hahn ein, er wolle nach Rom gehen, und sich zum Pabste wählen lassen. Da machte er sich auf den Weg. Auf seiner Reise fand er einen Brief, den nahm er mit. Da begegnete ihm die Henne, und frug: »Herr Hahn, wohin geht ihr?« »Ich gehe nach Rom und will Pabst werden.« »Wollt ihr mich mitnehmen?« frug sie. »Zuerst muß ich in meinem Briefe nachsehen,« sprach der Hahn und schaute in den Brief hinein. »Nun, komm nur mit; wenn ich Pabst werde, so kannst du Frau Päbstin sein.« Da gingen Herr Hahn und Frau Henne zusammen weiter, und es begegnete ihnen eine Katze, die sprach: »Herr Hahn und Frau Henne, wohin geht ihr?« »Wir gehen nach Rom, und wollen Pabst und Päbstin werden.« »Wollt ihr mich mitnehmen?« »Warte bis ich in meinem Briefe nachgesehen habe,« sprach der Hahn, und schaute in den Brief. »Nun, komm nur mit, du kannst unsere Kammerfrau sein.« Ueber ein Weilchen begegnete ihnen ein Marder1, der frug sie: »Wohin geht ihr, Herr Hahn, Frau Henne und Frau Katze?« »Wir gehen nach Rom, dort will ich Pabst werden,« antwortete der Hahn. »Wollt ihr mich mitnehmen?« »Warte bis ich in meinem Briefe nachgesehen habe.« Als der Hahn nun in den Brief geschaut hatte, sprach er: »Nun, komm nur mit.«

So wanderten denn die vier Thiere zusammen weiter auf dem Wege nach Rom. Als es dunkel wurde, kamen sie an ein Häuschen, darin wohnte eine alte Hexe, sie war aber eben ausgegangen. Also[65] suchte sich jedes Thier nach seinem Behagen einen Platz aus. Der Marder setzte sich in einen Schrank, die Katze auf den Herd in die warme Asche, und der Hahn und die Henne flogen auf den Thürbalken hinauf.

Als nun die alte Hexe nach Hause kam, wollte sie aus dem Schrank ein Licht holen, da fuhr ihr der Marder mit seinem Schwanz ins Gesicht. Da wollte sie das Licht anzünden, und ging an den Herd. Weil sie aber die leuchtenden Augen der Katze für glühende Kohlen ansah, so wollte sie ihr Schwefelhölzchen daran anzünden, und fuhr der Katze in die Augen. Die Katze aber fuhr ihr ins Gesicht und zerkratzte sie jämmerlich. Als der Hahn all den Lärm hörte, fing er laut an zu krähen. Da merkte die Hexe, daß es keine Geister seien, sondern unschuldige Hausthiere, nahm einen Stock und jagte sie alle vier zum Hause hinaus.

Die Katze und der Marder hatten nun keine Lust mehr, weiter zu wandern, der Hahn und die Henne aber setzten ihren Weg fort.

Da sie nun nach Rom kamen, gingen sie in eine offene Kirche hinein, und der Hahn sprach zum Sakristan: »Lasset alle Glocken läuten, denn ich will jetzt Pabst werden.« »Gut,« antwortete der Sakristan, »das kann geschehen; kommt nur hier herein.« Da führte er den Hahn und die Henne in die Sakristei, machte die Thüre zu und fing sie Beide. Als er sie aber gefangen hatte, drehte er ihnen den Hals um und steckte sie in den Kochtopf. Dann lud er seine Freunde ein, und sie verzehrten voll Freuden den Herrn Hahn und die Frau Henne.

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Luca, padottola, Wiesel?

Quelle:
Gonzenbach, Laura: Sicilianische Märchen. Leipzig: Engelmann 1870, S. 65-66.
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