Sa pó d'es Rafal.
Das Gespenst vom Rafal.
(Banyalbufar.)

[199] Im Rafal ging ein Gespenst um, von dem man sagte, dass es überall war, und dass man es nirgends sehen konnte. Es ging durch alle Zimmer der Häuser, ausgenommen vor der Kirche. Niemand hatte es je gesehen, wenn es nicht einige Knaben waren, welche am Allerseelentage Zirbeln assen, die einen Mann mit einem sehr langen Bart auf einem Balkon sahen, der aus einer sehr grossen Pfeife rauchte.

In der Nacht hörten sie vielen Lärm,[199] Teller und Töpfe zerschlagen, aber am anderen Morgen fanden sie alles wieder heil und ganz.

Niemand wollte um keinen Preis mehr in jenem Hause schlafen.

Ein Geistlicher, der sehr waghalsig war, sagte, dass er dort schlafen würde; er ging hin übernachten, und als er sich niederlegte, liess er das Brevier auf einem Stuhl beim Bette liegen. Er war noch nicht eingeschlafen, als er hörte, wie man das Brevier nahm. Er zündete ein Zündhölzchen an, sah aber Niemanden und das Buch lag noch genau so wie er es gelassen hatte. Nach einigen Augenblicken hörte er wieder Lärm und fragte:

– Wer berührt das Buch?

– Ich halte das Buch, sagte eine Stimme; er zündete sofort ein Zündhölzchen[200] an, sah aber Niemanden und das Buch lag am selben Ort.

Am anderen Tag sagte er, dass er nie mehr dort schlafen wolle.

Ein anderes Mal ging ein sehr muthiger Ritter hin, um daselbst zu schlafen und liess seinen Degen neben der Bettlehne.

In der Nacht hört er Geräusch von Ketten, stand vom Bette auf, ergriff den Degen und schlug kräftig um sich. Am anderen Tage als er aufstand, fand er nichts als die Spuren der Degenhiebe an Wänden und Stühlen.

Ein anderes Mal und zwar endete dies den Geisterspuk, ging ein Jüngling in demselben Zimmer schlafen, und wie er sich niedergelegt hatte, fühlte er, dass man das Bett, welches auf Rädern war, von der Stelle bewegte;[201] er brach in ein Gelächter aus und sagte: Hier nehmet diesen; das Bett bewegte sich nicht mehr und der Spuk war zu Ende.

Quelle:
Erzherzog Ludwig Salvator: Märchen aus Mallorca. Würzburg, Leipzig: Verlag der Kaiserlichen und Königlichen Hofbuchhandlung von Leo Woerl, 1896, S. 199-202.
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