XXXI. Stalo und der Fischerlappe.

[134] Es war einmal ein Fischerlappe, welcher täglich in einem See, der nicht weit von seiner Hütte entfernt war, seine Netze aussetzte. Eines Morgens fand er einen großen Stein in seinem Boote. Der Lappe, welcher sogleich wußte, daß Stalo es war, der vorläufig seine Stärke auf diese Weise erproben wollte, stellte sich, als ob er über den Streich, der ihm da gespielt worden war, sehr erbost wäre, fluchte auf Stalo, von dem er wußte, daß er sich in der Nähe aufhalte, und warf den Stein wieder aus dem Boote, wobei er die Drohung ausstieß:

»Verfluchter Stalo! wenn du hier gewesen wärest, würde ich dir den Stein mitten auf die Stirn geworfen haben!«

Er gab sich somit den Anschein, als ob er nicht die geringste Furcht vor Stalo hätte.

Am nächsten Tage fand er einen größeren Stein im Boote. Der Lappe schleuderte auch diesen aus dem Boote mit derselben Drohung wie Tags vorher.

Am dritten Tage hatte Stalo einen so großen Stein in's Boot gelegt, daß der Lappe mit Mühe und Noth im Stande war, denselben hinauszuwälzen. Diesmal schwieg der Lappe, denn er verstand, daß es nun auf Leben und Tod gehen werde.[135]

Als der Lappe seine Netze eingezogen hatte und nach dem Bootsplatze zurückkam, stand Stalo am Ufer und forderte ihn zum Zweikampfe heraus. Der Lappe war als starker Mann bekannt und es gab somit einen heißen Kampf zwischen Beiden. Als der Lappe merkte, daß er seinen Gegner nicht überwinden könne, begann er seinem Götzenbilde allerlei Versprechen zu machen. Aber Stalo versprach dasselbe oder etwas, was von gleichem Werthe war, und die Gelöbnisse des Lappen hatten daher keine Wirkung. Schließlich gelobte Stalo dem Götzenbilde den Kopf des Lappen und der Lappe fiel in die Kniee. Stalo konnte es nicht über's Herz bringen, dem Götzen den ganzen Lappen zu versprechen, da er wahrscheinlich gedachte, sich aus dem Reste ein leckeres Mahl zu bereiten. Da sprang der Lappe auf und versprach dem Götzen nicht nur Stalo's Kopf, sondern auch dessen Leib und außerdem noch dessen Axt. Dieses Versprechen wirkte. Stalo fiel und lag still, während der Lappe sich seiner Axt bemächtigte und ihm den Kopf abhieb.

Bis er aber sein Versprechen, Stalo's Körper und Axt zu dem Götzenbilde zu bringen, ausführen konnte, hatten seine bei ihm zu Hause sich befindenden Verwandten bereits die Hütte verlassen, da sie sich nichts Anderes denken konnten, als daß der Lappe überwunden worden sei, da er so lange ausblieb.

Quelle:
Poestion, J. C.: Lappländische Märchen, Volkssagen, Räthsel und Sprichwörter. Wien: Verlag von Carl Gerolds Sohn, 1886, S. 134-136.
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