LII. Das alte Weib und der Teufel.

[218] (Aus Utsjok.)


Es war einmal ein Mann, der hatte ein Weib, welches so böse war, daß selbst der Teufel nicht mit ihr fertig werden konnte. Eines Tages waren sie Beide draußen in einem Moor, um Moltebeeren zu sammeln. Im Moor war ein großes Loch, das tief in die Erde hinabging, und rings um das Loch herum standen die herrlichsten Beeren. Während sie nun am Rande des Loches Beeren sammelten, nahm der Mann die gute Gelegenheit wahr und gab der Alten einen Puff, daß sie kopfüber in die Tiefe hinabstürzte und nicht wieder zum Vorschein kam.

Es dauerte indessen nicht lange, so war der Mann des Alleinseins müde. Er begann seine That zu bereuen und wünschte sich das Weib wieder zurück. Er fing an, Weidenruthen zu flechten und setzte diese Arbeit drei Jahre lang fort. Als er nun glaubte, daß es genug sein dürfte, verband er die Weiden zu einem Seile, nahm einen großen Stein und befestigte denselben an dem Ende des Seiles. Hierauf ging er in das Moor hinaus und ließ das Weidenseil mit dem Steine in das Loch hinab. Es dauerte aber viele Tage, bis der Stein endlich in der Tiefe angelangt war. Nun begann der Mann das Seil wieder heraufzuziehen. Es war sehr schwer, aber er zog und zog und ließ nicht nach. Endlich[219] kam der Stein zum Vorscheine und mit ihm – ja, was glaubt ihr wohl? – der Teufel selber! Dieser sagte zu dem Manne:

»Hab' Dank, du guter Mann, daß du mich heraufgezogen und so von der schrecklichen Alten befreit hast. Sie war so böse, daß selbst der Teufel nicht mit ihr auskommen konnte. Nun will ich dir aber etwas sagen und das ist, daß ich jetzt nach einem Handelsplatze gehe und dort in einen Kaufmann fahre und ihn plage. Du kannst dann nachkommen, und wenn du von den Leuten erzählen hörst, daß den Kaufmann der Teufel plage, dann sagst du:

›Ich bin im Stande, den Teufel auszutreiben, wenn man mir zweihundert Rubel giebt.‹«

Gesagt, gethan. Der Mann bekam seine zweihundert Rubel von dem einen Kaufmann, dann dreihundert von einem anderen und fünfhundert von einem dritten; denn der Teufel fuhr von dem einen zu dem anderen und der Mann folgte ihm überall nach, und der dritte Kaufmann war der reichste.

»Bist du nun zufrieden mit der Bezahlung?« fragte der Teufel.

»O ja,« antwortete der Mann, »und ich bin schon genug dafür belohnt, daß ich dich heraufzog und von dem bösen Frauenzimmer befreit habe, mit dem wir Beide nicht fertig werden konnten.«

»Gut!« sagte der Teufel, »dann hast du hier nichts mehr zu suchen, sondern kannst deiner Wege gehen, wohin du willst.«

Der Mann reiste gleichwohl nicht so schnell ab, als der Teufel gedacht hatte, und dieser plagte unterdessen einen Kaufmann ein wenig auf eigene Rechnung. Der Zufall wollte es, daß der Mann und der Teufel wieder einander begegneten.

»Na, bist du denn noch nicht abgereist?« sagte der Teufel; »es ist wohl am besten, du schaust, daß du weiter kommst, sonst könnte es dir schlimm ergehen!«

Der Mann wußte keinen anderen Rath, als nach der Festung zu laufen und die Soldaten zu bitten, daß sie alle Kanonen laden[220] und eine nach der anderen abfeuern sollten. Hierauf traf er abermals mit dem Teufel zusammen.

»Ja bist du denn noch immer nicht fortgekommen?« fragte der Teufel.

»Hörst du nicht, wie es donnert?« fragte seinerseits der Mann. »Nun ist die böse Alte wieder aus dem Loche heraufgestiegen, und sie ist es, die mit solchem Gedonner daher kommt, um dich zu holen!«

Der Teufel rannte, so schnell er konnte, davon, fuhr wieder durch das Loch hinab zu der bösen Alten und dort ist er noch bis auf den heutigen Tag.

Quelle:
Poestion, J. C.: Lappländische Märchen, Volkssagen, Räthsel und Sprichwörter. Wien: Verlag von Carl Gerolds Sohn, 1886, S. 218-221.
Lizenz:
Kategorien: