[542] 10. Von den zwei Fischerssöhnen (S. 385). – 11. Von den drei Brüdern und ihren Thieren. (S. 389).

Märchen 10 und der zweite Theil von Märchen 11 (zu dessen erster Hälfte ich die Nachweise in der Anmerkung zu 12 und 13 gebe), gehören zu den Märchen von den gleichen Brüdern. Vgl. Grimm's Anm. zu No. 64, S. 102 und 144 und 85, R. Köhler's Anm. zu Campbell No. 4, Orient und Occident II, S. 118, Hahn, Anm. zu No. 22 s. Samml. II, S. 216, Köhler's Anm. zu Gonzenbach 39 u. 40, II, S. 229. – In diesen und den folgenden slavischen Märchen, wird von 2 (3) Brüdern erzählt, die (in den meisten Varianten) auf wunderbare Weise (vermittelst eines von ihrer Mutter genossenen Fisches) zur Welt kommen, und von denen der eine eine Königstochter von einem Drachen befreit und heirathet, dann von einer Hexe versteinert und von dem Bruder erlöst wird. Ich verweise betreffs der Episode vom Drachenkampf auf meine Anmerkung zu Märchen 12–16 und berücksichtige hier nur den Eingang des Märchens und die Versteinerung und Erlösung des Helden. Hierher gehören: Grossr. Af. VII, 39, S. 277; Erl. 3, S. 8, kleinr. Now. S. 305; Drag. 9, S. 233; serb.-kr. Vuk 29, S. 116; Mikul. 14; Stoj. 15; Bos. Prij. II, S. 171, bei Erben 83, S. 253; Djak. S. 107; sloven Valj. 6, S. 120; čech.-mähr. Rad. II, S. 161; Kulda I, 54; Vrána 28. – Die russische Version, Af. VII, 39, wozu vgl. die Anm. VIII, S. 647, und die bosnische Bos. Prij. S. 171 haben statt der Versteinerung eine andere Verzauberung des Helden. Dem russischen Märchen fehlt die wunderbare Geburt der Brüder. Die Helden[542] sind zwei Soldatensöhne von riesiger Stärke, die von einem alten Mann wunderbare Rosse und Säbel erhalten und in die Welt ziehn. Sie trennen sich an einem Scheidewege mit zwei Inschriften, der eine wählt den Weg, auf dem er König werden, der andere den, auf dem er erschlagen werden soll. Der erste kommt in ein Reich und heirathet, nachdem der König ihn zum Prinzen gemacht hat, die Tochter des Königs und herrscht über das Land. Der andere befreit eine Königstochter von einem Drachen und heirathet sie; einst verfolgt er auf der Jagd einen Hirsch, dessen Spur er verliert. Er schiesst ein Paar Enten, reitet weiter und kommt in ein menschenleeres Schloss, wo er die Enten brät. Als er sie isst, kommt plötzlich ein schönes Mädchen. Er ladet sie ein, aber sie sagt, sie fürchte sich vor seinem Zauberross, worauf er ihr sagt, er habe sein Zauberross zu Haus gelassen und reite heute ein gewöhnliches Pferd. Da bläst sie sich auf, wird eine Löwin und verschlingt ihn. Sein Bruder er fährt, dass er todt ist und sucht ihn. Er verfolgt ebenfalls den Hirsch, kommt ins Schloss, die Löwin will ihn verschlingen, aber er bewältigt sie mit Hülfe seines Zauberrosses, zwingt sie seinen Bruder auszuspeien und ihn mit heilendem und lebendem Wasser zu beleben und will sie dann tödten. Da verwandelt sie sich wieder in ein schönes Mädchen und bittet weinend um Verzeihung. Er lässt sie gehen und beide Brüder kehren zu ihren Frauen zurück. Einst begegnet dem einen Bruder ein Betteljunge, dem er ein Almosen reicht. Da verwandelt sich derselbe in einen Löwen und zerreisst ihn. Ebenso geht es dem andern Bruder. Die Löwen waren die Brüder der Zauberin (Löwin). – Im bosnischen Märchen erhält ein kinderloser Mann von einem Pilger einen Apfel, den soll er schälen, die Schale seiner Hündin und seiner Stute zu fressen geben, den Apfel mit seiner Frau theilen, die beiden Kerne oberhalb seines Hauses pflanzen. Es entstehen zwei Knaben, zwei Pferde, zwei Hunde und zwei Aepfelbäume, aus denen die Brüder sich Lanzen machen. Sie ziehen aus, trennen sich. Der eine schwimmt mit Pferd und Hund über einen See; alle drei werden golden. Er kommt zu einem König, dessen Tochter er heirathet. Einst verfolgt er einen Hirsch mit goldnem Geweih; der Hirsch läuft in den Hof eines Hauses; er will ihm den Kopf abschlagen, da ruft ein Mädchen durchs Fenster er solle ihn nicht tödten, sondern zu ihr herauf kommen und mit ihr Dame spielen, sie setze den Hirsch gegen seinen Hund. Sie gewinnt durch List den Hund, das Pferd und endlich ihn selbst, bindet ihn und wirft ihn ins Gefängniss. Der andere Bruder schwimmt auch über den See, wird golden, kommt zur Frau seines Bruders, die ihn für diesen hält und sich wundert, dass er ihre Lobkosungen zurückweist. Durch sie erfährt er, dass sein Bruder auf die Jagd gegangen ist. Er zieht aus, verfolgt den Hirsch, gewinnt Hirsch, Bruder, Thiere und sie selbst und zieht mit seinem Bruder weg. Unterwegs kommt dem Befreiten der Gedanke, der Bruder habe die Aehnlichkeit mit ihm benutzt, um seine Frau zu täuschen, er zieht seinen Säbel gegen denselben, aber die Damenspielerin beschützt ihn. Zu Hause sieht er die Grundlosigkeit seines Verdachtes ein. Der Bruder verzeiht ihm, heirathet das Mädchen und erhält ihr Königreich. – Ausser diesen bedeutend abweichenden Versionen gibt es noch einige die in der Hauptsache mit den litauischen[543] Märchen stimmen und sich nur durch eine gemeinsame Zuthat unterscheiden. Es sind dies drei südslavische Varianten, Vuk 29, Valj. 6, und Mikul. 14. In diesen sieht der Gemahl der Königstochter in der Nacht durch das Fenster einen Berg oder eine Burg auf dem (der) Feuer brennt. Er geht hinauf und trifft oben ein altes Weib, das ihn zu einem Hof führt, wo viele Leute auf einen Fleck gebannt sind (auch er verliert beim Betreten desselben Sprache und Fähigkeit sich zu regen (Vuk)), oder das vorgibt sich vor seinen Thieren zu fürchten und ihm eine Ruthe reicht um sie zu schlagen (Valj.), oder ihn veranlasst sie festzubinden und ihn dann versteinert (Mikul.) Die Thiere sind Pferd und Hund. Vuk und Valj. haben das Motiv des Schwertes, das der Bruder, in der Nacht, zwischen sich und die Schwägerin legt, welches Motiv bei Valj. zweimal verwendet ist (drei Brüder). – Ebenfalls drei Brüder sind es bei Stoj. 15, von denen zwei von einer Zigeunerin durch Schlagen mit einer Ruthe in Bildsäulen verwandelt, und wieder durch Schlagen entzaubert werden. Bei Vuk und Stoj. fehlt der Drachenkampf. Eine Umstellung der Motive findet sich bei Erl. (grr.) und Drag. 9 (klr.), wo der Drachenkampf nach der Versteinerung erzählt wird. Drag. 9 kommt der eine von zwei Königssöhnen auf einen Berg, wo unter einem Baum ein Feuer brennt. Er setzt sich daran, da kommt ein altes Weib, will sich auch wärmen, bittet ihn seinen Hund festzubinden und als er das thut, wird er und der Hund zu Stein. Sein Bruder zwingt dann die Hexe durch Prügeln, heilendes Wasser herbeizuschaffen und ihn zu beleben. Dann prügeln sie sie so lange, bis sie alle Versteinerten wieder belebt. Unter den Entzauberten befindet sich eine Königsfamilie; die Prinzen begleiten diese in ihre Stadt, der ältere aber trennt sich von seinem Bruder und den übrigen. Er kommt in eine schwarzverhangene Stadt u.s.w. Drachenkampf. – In Erl. 3, dessen Helden nicht Brüder, sondern Söhne der Enkelin des Königs und deren Dienstmagd (die vom Genuss eines Fisches schwanger wurden) sind, schläft der eine auf der Wiese der Baba Jaga. Sie reisst sich ein Haar aus und sagt ihm drei Knoten hineinzubinden und zu pusten. Er thut es und wird mit seinem Ross zu Stein. Der andere Bruder, der später dahin kommt, stellt sich dumm; die Hexe muss ihm das Knotenmachen und Blasen zeigen und wird, als sie bläst, selbst zu Stein. Er haut sie nun bis sie ihm sagt, wo sein Bruder ist und ihn anleitet, wie er einen Raben nach lebendem Wasser schicken soll. Mit dem Wasser belebt er seinen Bruder und schickt ihn dann nach Hause; er selbst zieht weiter – (Drachenkampf, Heirath). – Das andere kleinrussische Märchen, bei Now. S. 305, theilt mit den litauischen Märchen 10 und 11 das Motiv der hülfreichen Thiere, mit den südslavischen Varianten das des in der Nacht gesehenen Feuers. Eine vom Feld heimkommende Magd fühlt heftigen Durst; sie sieht auf dem Wege zwei mit Wasser angefüllte Fusstapfen, trinkt von dem Wasser und fühlt sich sofort schwanger. Byly to stopy boże, es waren göttliche Fussspuren. Sie gebiert zwei Söhne, die wunderbar schnell heran wachsen und schon mit sieben Jahren in die Welt hinausziehen. In einem Walde treffen sie nacheinander mehrere Rudel von Thieren (Hasen, Füchse, Wölfe, Bären, Löwen), die sie schiessen wollen und die jedem von ihnen je ein Thier zum Diener geben.[544] Die beiden Brüder trennen sich; der ältere befreit eine Prinzessin von einem Drachen, wird von einem Zigeuner, der den Kampf mit ansah, erschlagen, von den Thieren mit Hülfe von lebendem und heilendem Wasser belebt und heirathet die Prinzessin. Er bemerkt eines Nachts, dass in einem Häuschen die ganze Nacht Feuer brennt. Auf seine Fragen erfährt der Held, dass darin eine alte Schlange (stara żmija) wohnt, reitet mit seinen Thieren hin und findet auf dem Hof einen Pfahl mit goldnem und silbernen Ring, (häufig in den russischen Märchen und Liedern; Wojcicki führt als polnischen Brauch an, dass vor den Thoren der Edelleute ein Pfahl mit goldnem, silbernem und eisernem Ring zum Anbinden der Pferde war), an den er sein Ross anbindet. Er tritt ein, bald kommt auch ein altes Weib in einem eisernen Mörser, den sie mit der eisernen Mörserkeule fortbewegt (das gewöhnliche Vehikel der Hexe (Baba Jaga) im russischen Märchen), angefahren. Sie sagt ihm, er möge mit zwei Ruthen, die auf dem Ofen liegen, auf seine Thiere losfuchteln, sie habe Angst, von ihnen gebissen zu werden. Als er es thut werden sie zu Stein, mit ihnen er selbst und sein Ross. Der andere Bruder merkt an dem verabredeten Zeichen, dass sein Bruder todt ist: er geht ihn suchen, kommt zu der Gemahlin desselben, bleibt, um etwas über seinen Untergang zu erfahren, drei Tage bei ihr (nachts legt er ein Schwert zwischen sich und sie) und geht dann zur Hexe, die von seinen Thieren gepackt, ihm lebendes Wasser giebt, mit dem er den Bruder und dessen Thiere belebt. Beim Heimreiten sagt der Befreier im Scherz, der Bruder solle ihm nicht böse sein, er habe drei Nächte bei seiner Frau geschlafen. Der andere zieht das Schwert und haut ihm den Kopf ab. Zu Hause macht ihm seine Frau Vorwürfe über das Schwert, das er nächtlich zwischen sie beide gelegt hat. Er sieht sein Unrecht ein und reitet am nächsten Morgen zur Leiche, um welche die treuen Thiere herumliegen und weinen, setzt den Kopf an den Rumpf und bespritzt ihn mit dem heilenden Wasser. Er wird belebt. – Das čechische Märchen erzählt von zwei einander gleichen Brüdern, die auf Abenteuer ausziehen. Sie übernachten im Walde, der eine wacht und es kommen ans Feuer nacheinander ein Wolf, ein Bär und ein Löwe, die er schiessen will und die ihm zurufen, er solle es nicht thun und ihm je zwei Junge schenken. Mit diesen Thieren kommen sie in eine schwarzbehangene Stadt, befreien eine Prinzessin von einem Drachen. Da derselben beide gleich gut gefallen, entscheidet ein Ring, den sie rollen lässt; derjenige in dessen Nähe er rollt, wird Gemahl der Prinzessin, der andere zieht weiter. Der Gemahl der Königstochter sieht einst, nach einigen Jahren einen schönen Hirsch. Er verfolgt ihn trotz der Bitten seiner Gemahlin, (die ihm sagt, jener Theil des Waldes sei verrufen), und wird von der Nacht überrascht. Er macht ein Feuer unter einem Baum; auf demselben sitzt ein altes Weib, das bittet, sich wärmen zu dürfen. Die Thiere wollen sie packen, da bittet sie, dieselben mit einer Ruthe schlagen zu dürfen; er erlaubt es und alle werden zu Stein. Nach fünf Jahren kommt der andere Bruder zu dem verabredeten Zeichen und sieht, dass sein Bruder todt ist. Er zieht nun zu dessen Gemahlin, die ihn nicht erkennt und fragt, wo er so lange gewesen sei; er sagt, er habe seinen Bruder gesucht. Er bleibt die Nacht bei ihr und legt[545] sein Jagdmesser zwischen sie beide. Den andern Tag zieht er in den Wald. Die Hexe auf dem Baum sagt ihm, sie könne seinen Bruder mit einer Salbe wieder beleben und steigt hinunter, mit der Absicht, auch ihn zu versteinern. Er sieht aber die Ruthe, lässt die Thiere sie zerreissen und belebt seinen Bruder mit der Salbe. Als dieser aber erfährt, dass er bei seiner Gemahlin die Nacht zugebracht, ersticht er ihn. Später sieht er sein Unrecht ein u.s.w. – Im mährischen Märchen, Vrána S. 58, sind es drei Brüder, die nacheinander als Jäger in einem Schloss dienen und vor einem gewissen Wald gewarnt werden; trotz der Warnung geht der erste mit seinem Hund hinein und wird versteinert, danach der zweite der ihn suchen will; der dritte entzaubert sie beide. Die Versteinerung geschieht wie in den vorigen Märchen durch einen Ruthenschlag, die Entzauberung durch eine Salbe, die Hexe wird auf der Grenze verbrannt. – Der fruchtbarmachende Fisch des Märchens 10 findet sich in mehreren slavischen Märchen nicht nur dieses Kreises. Vuk. 29 ist es ein Aal, der in vier Theile getheilt wird; einen isst die Frau, einen die Stute, einen die Hündin, einer wird gepflanzt. Frau, Stute, Hündin bringen je Zwillinge zur Welt, aus dem gepflanzten Stück wachsen zwei goldne Säbel; Valj. S. 121, wird ein goldner Fisch in zwölf Stücke geschnitten; das Resultat sind Drillinge bei Frau, Stute und Hündin und drei Rosen im Garten; Mikul. 14, soll ein Fischer einen kleinen Fisch in drei Theile schneiden und seiner Frau, Stute und Hündin geben, die Gräten in den Rauchfang hängen. Frau, Stute, Hündin bekommen Zwillinge, (Gräten weiter nicht erwähnt; Rad. I, 44 lässt der König zwei Fische mit silbernen und goldnen Flossen fangen; er isst einen, seine Gemahlin den andern. Sie bekommen zwei Söhne, einen mit silbernem, einen mit goldnem Stern auf der Stirn; Af. V, 54, giebt ein Bettler einem König den Rath, Jungen und Mädchen von sieben Jahren zu versammeln; die Mädchen sollen spinnen, die Knaben in einer Nacht ein Netz knüpfen. Mit diesem Netz soll im Meer ein лещь (Karpfen, Cyprinus) mit goldnen Flossen gefangen werden, den soll die Königin essen. Die Köchin bereitet ihn zu und giebt die Eingeweide einem Hund, das Spülwasser drei Stuten. Die Königin isst den Fisch, die Köchin nagt die Gräten ab; Königin, Köchin und Hündin gebären je einen Sohn, die drei Stuten je ein Füllen. Aehnlich bringen Erl. 19, durch Genuss eines gelbflossigen Hechtes (resp. des Spülwassers), Königin, Küchenmagd und Stute (кобылица-салтыница) je einen Knaben zur Welt; Now. S. 256 soll in einem Netz, von reinster Seide, das dreimal ins Meer geworfen wird ein Fisch gefangen, abgeschuppt, unzerlegt und unausgenommen von der Königin gegessen werden. Die Köchin nimmt ihn trotzdem aus und wirft die Eingeweide auf den Kehrichthaufen, wo sie eine Hündin frisst. Sie selbst kostet auch von dem Fisch, die Königin isst das Uebrige; es kommen drei Söhne zur Welt. Af. VII, 3, 24 träumt ein König von einem goldflossigen Kaulbars (ершъ, Perca cernua, Var. Karausche (карась), Barsch (окунь, Perca fluviatilis) den die Königin essen soll um fruchtbar zu werden. Der Fisch wird gefangen, zubereitet und von der Königin verzehrt; das Geschirr leckt die Köchin ab, das Spülwasser säuft die Kuh; alle drei gebären je einen Sohn.[546] In der Variante, Anmerkung S. 25 lässt ein kinderloser König über einen unwegsamen Sumpf eine Brücke mit Lauben (Ruheplätzen? бесѣдки) bauen. Als sie fertig ist, schickt er einen Diener, der soll sich unter die Brücke setzen und zuhören, was die Leute reden. Es kommen zwei Bettler: der eine lobt den König, der die Brücke gebaut hat, der andere sagt, man müsse ihm einen Nachfolger wünschen. Wenn er nachts, vor Hahnenschrei, ein seidnes Zugnetz (бреденъ) stricken liesse und damit im Meer einen goldnen Fisch finge, und wenn die Königin davon ässe, so würde sie ihm einen Sohn gebären. Der Diener meldet es u.s.w.; Af. VIII, 2, 9, lässt der König drei seidne Netze machen und ins Meer »unter dem Fenster« (des Palastes) werfen. Es fängt sich ein goldflossiger Hecht (златокрылая). Die Königin isst den Fisch, das Mädchen, das ihn ihr bringt, unterwegs eine Flosse, das Spülwasser säuft eine Kuh, die alle drei einen Sohn zur Welt bringen; Chud. II, 46, 43, entstammen die drei Knaben der Königin, einer Magd und einer Katze; Erl. 3, 8, fängt eine Magd, die Wasser holt, im Schöpfeimer einen Fisch. Sie bereitet ihn zu, giesst das Spülicht vor die Pferde und isst den Fisch mit des Königs Enkelin. Die Pferde werfen zwei Füllen, Prinzessin und Magd gebären je einen Sohn. Endlich in einem polnischen Märchen, Lud VIII, 25, S. 63, räth eine Zigeunerin einer kinderlosen Edelfrau, im Meer einen rogenreichen Fisch (rybe plodną w ikre) fangen zu lassen und den, bei Sonnenuntergang, zur Vollmondszeit, im geheimen bereiteten, Rogen zu geniessen. Sie und ihr Kammermädchen, das davon gekostet hat, gebären Söhne. – Märchen 10, S. 386, macht jeder der zwei auseinandergehenden Brüder einen Schnitt in einen Baum; wenn derselbe mit Blut überströmt ist, so ist der Betreffende todt; 11, S. 389, schlagen die drei Brüder jeder ein Beil in eine Birke; wenn Milch aus dem Schnitt fliesst, leben sie noch, wenn Blut, sind sie gestorben; 7, S. 372, steckt jeder Bruder ein blaues Fähnchen an den Weg, den er einschlägt: färbt es sich roth, so wissen die andern, dass er todt ist. – In den slavischen Märchen sind ähnliche Motive mehrfach verwendet. Wahrzeichen des Todes oder der Gefahr, in der der Abwesende schwebt sind: Ein Messer in einen Baum gesteckt, von dem Blut tröpfelt, klr. und südslav. Drag. 9, S. 283; Valj. 6, S. 121; 8, 33; Stoj. 15, 118; Af. VI, S. 69, stösst der wegziehende Bruder ein Messer in die Wand; tröpfelt Blut daran herunter, so ist er todt; in čechischen und mährischen Märchen wird das Messer rostig, so: Rad. II, 161; Slavia, Ř. II, odd. II, 10. S. 41; Kulda II, 123, S. 233; Vrána 28, S. 58, in einem grossrussischen Märchen, Erl. 3, S. 8, ist es von Schweiss (отъ поту) angelaufen, in einem serbischen, Mikul. 14, S. 69, fällt es heraus. Ferner dient als Zeichen, dass ein Abwesender in Gefahr ist, ein Glas Wasser, welches blutig wird, Trudy, S. 170; Chud. II, 45; oder eine Schale die voll Blut wird, wenn der Held Hülfe braucht, Af. VIII, S. 112; vgl. Chud. III, 84, S. 28, (zwei Gläser) auch ein Fass mit Wasser, welches sich trübt, Vuk. 29; Mik. 14, Af. VII, S. 281, wechseln zwei sich trennende Brüder ihre Tücher; sie wollen sich täglich das Gesicht mit dem Tuch wischen, sehen sie Blut darauf, dann steht es mit dem Bruder schlimm. Af. VIII, 2, hängt der Held an sein, in die Wand gestossenes Messer[547] ein Handtuch (полотенцо), darunter stellt er einen Teller. Den Gefährten gibt er Karten und ein Licht; sie sollen sich durch Spiel wach erhalten. Wenn das Licht heruntergebrannt sei und auf den Teller Blut vom Handtuch liefe (ähnlich Now. I, S. 280, wo er Handschuhe über einen Teller hängt, aus denen Blut tröpfelt wenn er in Noth ist, ebenso im kleinrussischen Märchen Af. II, 30, S. 281), so sollen sie ihm zu Hülfe kommen. Now. 311 (ukrain.), vergraben zwei Brüder unter einen Baum, der eine rothen, der andere weissen Wein; wenn der weisse roth wird, oder umgekehrt, sei der Betreffende todt. Chud. 20 wechseln drei Schwestern mit ihrem Bruder Ringe: wessen Ring dunkler wird, der ist krank, wird der Ring ganz schwarz, so ist er todt. Aehnlich lässt, Af. VIII, 8, der Held, bei den drei Thierschwägern, einen silbernen Löffel, eine silberne Gabel und eine silberne Tabacksdose, die schwarz werden, als er erschlagen ist. Af. II, 24, S. 248, lässt der Held aus seinem kleinen Finger Blut in ein Glas laufen und sagt den Brüdern, wenn das Blut schwarz würde, so sei er todt. Vgl. dazu die Anm. zu Af. II, 24, II, S. 356, und die Anm. zu V, 54, VIII, 477, wo eine interessante Variante angeführt ist. Im Märchen von Иванъ Пономаревичъ in den Памятн. стар. русск. лит. (Denkmäler der alten russ. Lit.) II, 319–321, lässt der Held, der zum Kampf mit den Türken auszieht, seinem Vater ein Ross; wenn er erschlagen ist, so wird dieses Pferd bis an die Knie im Blut stehen. Zugleich erinnert Afanas'ev an ein anderes Märchen (Af. VII, 10), wo das Ross des Helden, das die seinem Herrn drohende Lebensgefahr merkt, bis zu den Knöcheln in Thränen (Var. in Blut, erst bis zu den Knien, dann bis zum Bauch, dann bis zum Hals) steht. – Das Schwert das im Märchen 11, zwischen den Schlafenden liegt, fand sich in mehreren slavischen Versionen. Now. S. 323 (klr.), sagt der Held zu seiner Schwägerin: »So, meine liebe Frau, wenn ich Dich berühre, so soll dies Schwert mich erschlagen, und wenn Du mich berührst, so erschlage es dich.« Valj. S. 125 (sloven.), scheint die Bedeutung des Schwertes dem Erzähler nicht klar gewesen zu sein. Es heisst dort: »Und in der Nacht, als sie sich schlafen legten, da dachte er, dass sie so gar freundlich seien, ob nicht vielleicht sein Bruder hier sein Leben gelassen habe. Darum legte er, als sie sich niederlegten, seinen Säbel in die Mitte und sprach zu ihr: Wenn du mich anrührst, so haue ich dich nieder, wenn aber ich dich anrühre, so magst du mich niederhauen.« Das Hinlegen des Schwertes scheint mir hier als Vorsichtsmassregel gegen gefürchteten Verrath, nicht symbolisch aufgefasst werden zu müssen.

Quelle:
Leskien, August/Brugman, K.: Litauische Volkslieder und Märchen. Straßburg: Karl J. Trübner, 1882, S. 542-548.
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