[409] 865. Die zitierten Teufel.

In einem Hause zu Ehnen saßen vor langer, langer Zeit des Abends in der Spinnstube eine Anzahl junger Leute, welche sich mit Räubergeschichten, Geisterbeschwörungen und dergleichen unterhielten. Da erbot sich einer von ihnen, mit Hilfe eines Buches, das er besitze, den Teufel zu zitieren. Den Weibern standen bei diesen Worten die Haare zu Berg und sie schrieen vor Angst und rieten es ihm ab. Das ergötzte die tollen Burschen nur um so mehr und sie drangen in ihren Kameraden, den Versuch zu machen.

Er stellte sich also hin, murmelte aus einem Buch viel unterständliches Zeug, machte dabei allerlei Gebärden und Zeichen und kaum war die Beschwörungsformel zu Ende, als sich draußen in der Küche unheimliches Gepolter[409] und Pfeifen vernehmen ließ. Die Stubentür ging auf und herein ringelten, schlichen und krochen eine Menge zischender Schlangen, großer Eidechsen, Kröten, schwarzer Katzen und dergleichen. Alle öffneten die glühenden Mäuler und sprühten Feuer aus Rachen und Augen, während das Getöse draußen fortdauerte. Alle Anwesenden waren starr vor Entsetzen und die nicht in Ohnmacht fielen, retteten sich auf Tische und Stühle und baten den Zauberer, die bösen Geister doch zu entlassen. Dieser aber zitterte am ganzen Leibe bei dem schrecklichen Erfolg seines Spasses und wußte nicht, was anfangen, um die Teufel wieder zu vertreiben.

Zum Glück ging der Pfarrer eben vorbei, kam auf das Geschrei herein und sah, was geschehen war. Ohne sich lange zu bedenken, segnete er einen Sack voll Erbsen, der in der Stube stand, schüttete die Erbsen in der Stube umher, so daß sie den ganzen Fußboden bedeckten, und las dann schnell aus dem Zauberbuch dieselbe Formel rückwärts, worauf die bösen Geister verschwanden. Der Herr Pfarrer aber hielt den verwegenen Burschen eine strenge Strafpredigt und steckte das Buch, Geistlicher Schild genannt, in die Tasche, damit nicht wieder durch einen Unberufenen ein so schlechter Streich gespielt werde.


Lehrer Linden zu Rollingen

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 409-410.
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