33. Der Stein in der Kirche zu Stavoren.

[46] Oude Divisie-Cronycke van Hollant etc. Delft 1585. Fol. 51


Der heilige Bischof Friedrich von Utrecht hatte dem frommen Priester Odulf die Kirche von Stavoren anvertraut,[46] daß er sie leiten und vor aller Ketzerei bewahren solle. Als Odulf einige Zeit daselbst verweilt und seines Bischofes Willen getreulich erfüllt hatte, reiste er wieder nach Utrecht zurück, um in Gesellschaft der frommen Canonichen dort die ihm noch übrigen Tage seines Lebens zuzubringen. Bei seinem Abschiede von Stavoren hielt er aber eine sehr schöne Predigt und ermahnte die Gemeinde, stets in der Furcht und Liebe Gottes zu verharren und fuhr dann also fort: »Wohl weiß ich, daß nach meiner Entfernung ihr wieder in eure alten stinkenden Sünden zurückfallen werdet. Thut ihr das, dann werden die ungläubigen Dänen und Heiden kommen und euch mit Weib und Kind gefangen aus dem Lande führen. Und damit ihr dessen ein sicheres Zeichen habet, so gebet acht auf den Stein, welcher vor meinem Hause liegt und sehr groß und sehr schwer ist. Wenn ihr sehet, daß derselbe ohne menschliche Beihülfe von selbst in den Bach (Flye) geworfen wird, dann werden sich die Dinge erfüllen, welche ich vorher gesagt, und dieses euer Mißgeschick soll also lange dauern, als der Stein dort versunken liegt. Sehet ihr aber, daß derselbe ohne Menschenhand und Hülfe wieder aus dem Wasser ans Land geworfen wird, dann hat eure Trübsal ein Ende und dann schenkt euch die Barmherzigkeit Gottes Ruhe und Frieden und Erlösung von dem Joche der Heiden.«

Und wie der fromme Priester Odulf prophezeiet, also ist es geschehen, und zu einem Wahrzeichen wird dieser Stein noch heute aufbewahrt und gezeigt in der Kirche von Stavoren, von wo ihn auch keine Menschenhand fortbewegen kann.

Quelle:
Wolf, Johann Wilhelm: Niederländische Sagen. Leipzig: Brockhaus, 1843, S. 46-47.
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