81. Das Geschenk des Königs Zwentibold.

[117] Handschriftl. Recorde aus den Jahren 1533 und 1766. Mitgetheilt von Ecrevisse in Willems Belgisch Museum. Jahrg. 1841. S. 425 ff.


Es war ein Herr zu Born, der war geboren aus Oberland (Deutschland) aus Hungarn; König Sanderbout (Zwentibold) war er geheißen, und der lag bei seiner Frauen und schlief, und Gott sandte ihm in seinen Sinn, daß er sich mit ihr einte, daß er den armen Leuten eine Gabe geben wollte um Gotteswill, denn er hatte sie oftmals in große Noth gebracht. Und seine Hausfrau gestand ihm gerne zu, daß er ihnen gebe den Wald, welcher de Graet genamt war, mit der Heiden und Weiden, weil er diese Lande mit den Leuten öfters in groß Leid gebracht hatte mit Rauben und Brennen, so daß er an ihnen seine Seele quitt machen wollte. Und am selben Morgen, als er aufgestanden war, berichtete er seinen Herren, die bei ihm waren, was Gott ihm in seinen Sinn gesandt hatte; die halfen die Sache gerne mehren, und er ging mit ihnen zur Kirche. Als die Messe aus war, ließ er einen Mann auf sein Pferd sitzen. Als die Herren vor dem Essen Wasser genommen hatten, ritt er von der Brücke, und König Sanderbout hatte ihm gesagt, so viel Kirchspieldörfer er binnen der Mahlzeit umreiten könnte, die sollten ihnen (den armen Leuten) gehören, Busch, Heide und Weide. So ritt er zuerst an zu Born, von Born nach Guttekoven, von Guttekoven nach Leimborg (Limburg), von Leimborg auf Sittard,[117] von Sittard auf Munstergelehn, von Munstergelehn zu auf Geleen, von auf Geleen bis Beeck, von Beeck bis Eesloo, von Eesloo bis Stein, von Stein kam er an die Heuserlinden, und da stand ein weiß Roß gesattelt, und sein Pferd war müde, und er stand ab von seinem Pferde und saß auf das weiße Roß und ließ das seine auf der Straße stehen, und ritt da fort von dannen gen Ormond (Urmond), von Ormond gen Berg, von Berg gen Biecht, von Biecht gen Papenhoven, von Papenhoven gen Buchten, und ritt so bis Houtumb, und da fand er ein alt Weib an dem Fallbaume stehen und bat sie, daß sie ihm den Fallbaum öffne, was sie nicht thun wollte. Und da ward ihm ein Zeichen gethan, daß die Herren gegessen hatten. So ritt er um Houtumb und war noch zu guter Zeit in Born, als König Sanderbout mit seinen Herren wiederum Wasser nahm nach der Mahlzeit. Und da erzählte er den Herren, wo er all gewesen war und wie es mit ihm gegangen war. Da ging König Sanderbout sitzen und ordnete an die Rechte und Bräuche, welche er und alle zukünftigen Herren von Born wieder haben sollten, daß sie Oberherren blieben der vorgenannten Gemeinden um des gemeinen Nutzens willen, daß der Busch nicht vergänglich würde.

Zum ersten sprach er zu dem Diener: »Weil das Weib zu Houtumb den Mann nicht durchlassen wollte, so sind die Gemeinden von Houtumb zu ewigen Tagen der Heide verlustig.«

Und alsdann setzte er die Rechte ein, welche die Herren von Born und die Gemeinden fortan an dem Busche haben sollten.

Auf dem Schlosse zu Born bewahrt man noch den Thronsessel, aus welchem König Sanderbout beim Mittagmahle saß, als er die Graetheide zum Geschenke gab.

Quelle:
Wolf, Johann Wilhelm: Niederländische Sagen. Leipzig: Brockhaus, 1843, S. 117-118.
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