Das Fänggenmannli »Uzy.«

[24] Auf Mombiel bei Klosters hütete ein Fänggenmannli jahrelang die Heimkühe. Auch er kam nie bis in die Wohnungen der Viehbesitzer, sondern wartete bei einem großen Steine oberhalb des Weilers und nahm dorten seine Heerde zur Hand, und auch ihm wollten die Leute der Gegend dankbar sein, wußten aber nicht wie. Eines Tages stellten sie ihm ein Schöppli vom besten Veltliner auf den Stein. Das Mannli betrachtete den Wein lange Zeit und besann sich fast ängstlich, ob es ihn trinken wolle. Endlich setzte es äußerst vorsichtig an; der Wein mundete ihm sichtlich, und es trank das ganze Schöppli. – Ein andermal stellte man ihm ein Paar Schuhe auf den Stein. Das Mannli schaute ganz verwundert drein und versuchte die Schuhe über den Kopf anzuziehen; nach und nach wurde es aber doch so pfiffig, daß es sie an die Füße steckte. Als es dann zu gehen versuchte, fiel es zuerst um und kugelte über und über. Erst mit der Zeit lernte es in den Schuhen gehen und verschwand sofort für immer. – Dieses Mannli hieß »Uzy«, und der Stein trägt jetzt noch den Namen »Uzystein.«

Quelle:
Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 24-25.
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