Der Geist in l'Aual sura.

[52] Den späten Wanderer durch das Münsterthal soll es ja nicht gelüsten, wenn er die Gegend von Aval sura zu passiren hat, zu[52] jauchzen. Kundige gehen Nachts diesen Weg nicht gerne oder durcheilen ihn wenigstens mäuschenstille. – Jauchzt Einer, der um die Sache nicht weiß, antwortet ihm sogleich eine Stimme, aber von Ferne her. Jauchzt er zum zweiten Male, scheint die Antwort ganz aus der Nähe zu kommen. Untersteht er sich, ein drittes Mal zu jauchzen, erhält er gar keine Antwort, dafür hockt urplötzlich eine schwere Last, ein Ungeheuer, »l'hom dell' Aual sura« sich ihm auf den Buckel, die er nicht abschütteln kann und bergan tragen muß bis zur Stelle, wo es heißt Aval sura, von der der Geist den Namen hat. – Dort verschwindet er auf einmal. –

Gegenüber von l'Aval sura erscheint ein anderer Geist als Kapuziner mit rothen, feurigen Augen, in welcher Gestalt er aber nur dem Wanderer folgt, Schritt und Tritt, aber nicht zum Reiter wird. Augenblicke verschwindet er, dann kommt er wieder und streift so in der Gegend herum von St. Maria bis Münster.

Quelle:
Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 52-53.
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