Die entdeckte Hexe.

[65] Ein Knabe auf Obersaxen pflegte alle Tage sein Mädchen zu besuchen, den Donnerstag ausgenommen, an welchem Abend die Dirne seinen Besuch sich verbeten hatte. Die Neugierde plagte aber den Jüngling und ließ ihm weder Ruh' noch Rast, bis er hinter das Geheimniß kam. Durch eine Ritze der geschlossenen Fensterladen beobachtete er am verhängnißvollen Donnerstag Abend seinen »Schatz« und sah denselben in der Küche emsig spinnend, auf der Bank sitzen. So wie sie die Spuhle voll hatte, stand sie auf, bestrich mit einer Salbe einen Besenstiel, murmelte einige unverständliche Worte und fuhr plötzlich durch den Rauchfang dem nächsten Hügel zu, wo viele andere Hexen ihrer warteten. – Von diesem Augenblicke an wollte er mit seiner Holden nichts mehr zu schaffen haben.

Quelle:
Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 65.
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