Die in Gold verwandelten Kohlen.

[20] Ein Fänggenmannli, das zuhinterst in Savien auf Valätscher-Alpe in einer »Balma« hauste, kam einmal Nachts auf den Hof Bühel, klopfte leise an die Hausthüre und bat die zum »Läufer« herausschauende Hausfrau inständig, sie möchte seinem Weiblein auf Valätscha in seinen Kindsnöthen beistehen. Die gute Frau willfahrte der Bitte und folgte dem wilden Mannli bis in seine Höhle, leistete dort dem Fänggenweiblein Beistand, und hatte die Freude, alsbald allerliebste Zwillinge in Empfang nehmen zu können. Die zwei Neugebornen waren schon gleich nach der Geburt ungemein lebendig und rührig, zappelten mit Händen und Füßen und begannen am Boden herumzukriechen. Als die »Büchel-Frau« wieder sich entfernen wollte, hieß das Mannli vorerst noch ihre Schürze mit Kohlen sich füllen und diese dann daheim auf den Feuerherd legen. Die Frau that es auf wiederholtes Zureden, ließ aber dann aus der nachläßig aufgeknüpften Schürze unterwegs fast alle Kohlen herausfallen. Das Mannli, welches ihre Unachtsamkeit bemerkt hatte, rief[20] ihr nach: »Je mehr zerzaß't (zerstreust), je minder d'hast.« Als dann die Frau zu Hause die wenigen in der Schürze gebliebenen Kohlen nach der Weisung des Mannli auf den Feuerherd legte, so waren diese zu purem Golde geworden. Eilig lief sie den Weg zurück, um die verlornen zu suchen, fand aber keine mehr.

Quelle:
Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 20-21.
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