Kennzeichen, ob Eine eine Hexe sei, oder nicht.

[59] Hat ein Mann eine Hexe zur Frau, so bemerkt er dies daran, daß aus dem Munde derselben zu Zeiten eine Wespe oder eine Biene fliegt, nach einer Zeit aber wieder durch den Mund in den Körper zurückkehrt. Das ist ihr Geist, der in dieser Gestalt zu nächtlicher Gesellschaft auszieht; der Körper befindet sich der Zeit in einem lethargischen Zustande. Daran erkannte auch Einer in Fanas, daß seine Frau eine Hexe sei. Er machte, nachdem die Wespe ausgeflogen war, das Fensterlädeli zu und sperrte so den Geist der Frau aus, der, am Morgen wiederkehrend, Einlaß verlangte. Der ergrimmte Eheherr hielt das Lädeli fest zu; der Geist verschwand endlich unter gräßlichem Gesumme, und – am Morgen war die verhexte Frau halt todt.

Quelle:
Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 59.
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